Arbeiten im Alter:"Das ist mein Mehrwert"

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Wie Erwerbstätige ihre Firma davon überzeugen, dass sie im Rentenalter weiterhin beschäftigt werden wollen.

Interview von BARBARA SOMMERHOFF

SZ: Seit 2005 hat sich der Anteil der erwerbstätigen 65- bis 74-Jährigen fast verdoppelt. Wird das so weitergehen?

Jutta Rump: Im Segment bis 67 Jahre wird der Anteil derer, die arbeiten, sogar noch mal deutlich zunehmen. Aber auch nach dem 67. Lebensjahr werden mehr Menschen als bisher arbeiten.

Warum?

Zum einen fühlen sich die Rentner noch vergleichsweise fit. Deshalb wollen sie sich auch weiterhin im Berufsleben einbringen. Zum Zweiten entdecken mehr und mehr Unternehmen diese Thematik.

Aber systematisch scheinen sie die Ressource "Alte" noch nicht anzugehen.

Noch sind das zarte Pflänzchen, weniger strukturierte Konzepte. Aber es passiert etwas. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob wir nicht immer noch im "TalkingAction-Gap" sind, also in der Kluft zwischen Reden und Handeln. Immerhin hat das Reden über das Instrument "Beschäftigung im Alter" deutlich zugenommen.

Apropos Reden: Können Sie sich erklären, warum arbeitende Ruheständler als Silberrücken, "Golden Ager" oder "Space Cowboys" tituliert werden?

Vielleicht, weil Unternehmen immer den Wunsch verspüren, Marken zu kreieren. So etwas wie "Space Cowboy" bleibt ja irgendwie im Gedächtnis hängen.

Wie groß ist die Chance für angehende Rent ner in mittelständischen Betrieben, weiter beschäftigt zu werden?

Strukturierte Konzepte gibt es im Mittelstand noch kaum. Hier werden tatsächlich Einzellösungen entwickelt und umgesetzt, ohne das an die große Glocke zu hängen. Übrigens auch aus dem Grund, keine Begehrlichkeiten im Betrieb zu wecken. So nach dem Motto: Dann wollen das alle machen.

Was raten Sie Erwerbstätigen, die im Rentenalter gern arbeiten möchten?

Als Erstes sollte ich mir überlegen, in welcher Form ich weiterarbeiten will. Da gibt es vier Möglichkeiten: ehrenamtlich, Teilzeit im bisherigen Arbeitsbereich, im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung oder als Berater für die Firma. Diese vier Formen bieten Unternehmen an, die Ruheständler beschäftigen. Wenn ich das geklärt habe, sollte ich überlegen, worin der Mehrwert meiner Tätigkeit, meiner Kompetenz und meiner Erfahrung für das Unternehmen liegt. Wenn mein Wissen nicht einzigartig, sondern im ganzen Unternehmen verfügbar ist, dann hat das Unternehmen keine Veranlassung, mich weiterzubeschäftigen. Schließlich sollte ich nicht darauf hoffen und warten, dass mein Vorgesetzter oder die Geschäftsleitung meine Qualitäten erkennen und mich ansprechen, sondern ich muss selbst artikulieren: Ich kann es mir vorstellen - und das ist mein Mehrwert.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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