Anja Krusel, 45, ist seit Januar 2011 Finanzchefin bei Microsoft Deutschland, wo viele Mitarbeiter Telearbeit praktizieren. Zuvor war sie bei Philips in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt in der Geschäftsleitung der deutschen Tochter.
Frau Krusel, Yahoo-Chefin Marissa Mayer verlangt neuerdings, dass alle Mitarbeiter wieder einen Schreibtisch in der Firma haben. Ist das Homeoffice ein Modell von gestern?
Krusel: Ganz sicher nicht. Wir bei Microsoft sehen flexible Arbeitsmöglichkeiten als sehr wichtigen Wettbewerbsfaktor. Für viele Bewerber ist das ein entscheidendes Kriterium, um bei uns anzufangen. Für uns als Unternehmen bedeutet es höhere Mitarbeiterzufriedenheit, geringere Fluktuation und höhere Produktivität.
Zieht das vor allem Frauen an?
Diese Flexibilität ist natürlich gerade in der Familienphase für viele Eltern interessant. Davon profitieren nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer nutzen die Flexibilität zunehmend, um mehr am Familienleben teilzunehmen. Wer Anwesenheit mit Leistung verwechselt, wird mit so einem Modell allerdings nie erfolgreich sein.
Aber Führungskräften erschwert es doch das Leben, wenn das Team weit verstreut ist.
Mein Chef zum Beispiel sitzt in Paris, den sehe ich drei- bis viermal im Jahr. Es gibt viele andere Kommunikationswege, die wir regelmäßig nutzen, wie zum Beispiel Video Calls und Online Meetings.
Sie als Technologie-Unternehmen haben es da sicher besonders leicht.
In erster Linie ist es eine Frage der Unternehmenskultur, nicht der Technologie.
Wie muss Fernarbeit gestaltet sein, damit sie funktioniert?
Flexible Arbeitsmodelle und Arbeiten aus der Ferne erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Bedingungen transparent und die Ziele eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.