Welt-Aids-Konferenz:Fatale Stigmatisierung

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Die Welt-Aids-Konferenz in Melbourne ging am Freitag zu Ende. Die nächste Konferenz findet 2016 in Durban in Südafrika statt. (Foto: AFP)

In mehr als 80 Ländern werden Homosexuelle, Drogenabhängige und Sexarbeiter in den Untergrund gezwungen. Die restriktiven Praktiken hemmen den Kampf gegen HIV. In Deutschland klagen Aids-Aktivisten über die Diskriminierung von Infizierten.

  • Weltaidskonferenz kritisiert die Diskriminierung von HIV-Infizierten. Auch in Deutschland erfahren viele Betroffene Zurückweisung, Mobbing und sogar körperliche Gewalt.
  • Russland wirft Veranstaltern "destruktives Verhalten" vor.
  • UNAIDS will, dass bis 2020 90 Prozent der Infizierten erkannt und behandelt werden.

Welt-Aids-Konferenz fordert Ende der Diskriminierung

Mit einer klaren Absage an Gewalt gegen HIV-Infizierte ist in Australien die 20. Welt-Aids-Konferenz zu Ende gegangen. "Niemanden zurücklassen" heißt die Melbourner Erklärung gegen Diskriminierung, die bis Freitag mehr als 3800 Menschen und zahlreiche Organisationen unterzeichneten.

Auch in Deutschland würden noch Menschen zurückgelassen, klagte Carsten Schatz, Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Hilfe. So bekämen Drogenabhängige in Haft oft keine Heroinersatzstoffe wie Methadon, und zehn Bundesländer hätten keine Drogenkonsumräume, die nachgewiesenermaßen Leben retteten. Knapp 80 Prozent der HIV-Infizierten hatten in einer Umfrage der Deutschen Aids-Hilfe angegeben, im Jahr vor der Befragung Diskriminierung erfahren zu haben - von Tratsch über Zurückweisung bei Zahnarztbesuchen oder Mobbing bei der Arbeit bis hin zu körperlicher Gewalt.

In mehr als 80 Ländern ist die Lage noch viel schlimmer. Dort werden Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung bestraft, heißt es in der Erklärung. Betroffen sind vor allem schwule Männer, Sexarbeiter, Drogenabhängige und Transsexuelle. Das treibe Menschen in den Untergrund und erschwere den Kampf gegen HIV-Infektionen. "Wir fordern die sofortige und vereinte Ablehnung dieser diskriminierenden und stigmatisierenden Praktiken", hieß es in der Erklärung.

Streit mit Russland

Der letzte Konferenztag wurde durch einen Streit zwischen Russland und den Veranstaltern überschattet. Russland bemängelte: "Leider war unsere Region in der Veranstaltung nicht repräsentiert" - und warf den Veranstaltern "destruktives" Vorgehen vor. Die internationale Aids-Gesellschaft wies die Vorwürfe zurück. Tatsächlich waren bei der Diskussion zahlreiche Vertreter von Aids-Organisationen vertreten. Der Direktor des Aids-Zentrums der Russischen Föderation, Wadim Pokrowski, sei als Sprecher eingeladen gewesen, sagte der neue Präsident der Aids-Gesellschaft, Chris Beyrer. Er habe seine Teilnahme zehn Tage vorher ohne Begründung abgesagt.

Russland und andere Staaten der Region stehen wegen Gesetzen gegen Homosexuelle, der Verweigerung von Substitutionsprogrammen für Drogenkonsumenten und der schlechten Versorgung von HIV-Infizierten international am Pranger. Die HIV-Infektionen steigen in Russland, und erschweren das Ziel der Vereinten Nationen, die Epidemie bis 2030 zu beenden.

Neue Etappenziele im Kampf gegen Aids

Die UN-Organsiation UNAIDS verkündete auf der Tagung eine neue Vision: Bis 2020 sollen bereits 90 Prozent aller Infizierten getestet und so behandelt werden, dass das Virus auf ein nicht mehr nachweisbares Niveau gedrückt wird. Derzeit leben nach UN-Schätzungen mehr als 35 Millionen Menschen weltweit mit dem HI-Virus. Nur die Hälfte weiß davon. Erst 14 Millionen Menschen werden adäquat behandelt.

© Süddeutsche.de/dpa/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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