Unnütze isotonische Getränke:Mit Saftschorle zum Marathon-Sieg

Helmut Heseker, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung stimmt seinem Kollegen aus Oxford zu: "Für Freizeitsportler oder auch für Kinder ist Wasser oder Saft-Schorle zur Flüssigkeitszufuhr ausreichend. Spezielle Sportlergetränke sind vollkommen unnötig." Zumal die Getränke auch erheblich Kalorien liefern: In einem Glas mit 250 Millilitern Powerade stecken zum Beispiel 53 Kilokalorien. "Gerade wer weniger als eine Stunde Rad fährt oder joggt, braucht keine energiereichen Getränke", sagt auch Daniel König, Leiter der Abteilung Ernährung am Sportinstitut der Universität Freiburg.

Im Spitzensport ist die Belastung größer. Athleten können bei intensiver Leistung mehr als einen Liter Schweiß pro Stunde und damit auch viele Mineralstoffe verlieren. Zudem gibt es laut dem Freiburger Sportmediziner König genügend Studien, die zeigen, dass bei mehrstündiger Anstrengung Kohlenhydrate, also Zucker die Leistungsfähigkeit verlängern. "Apfelsaft gemischt mit Mineralwasser reich an Magnesium, Natrium und Kalium liefert jedoch auch in diesen Fällen ausreichend Zucker und Elektrolyte", sagt König. So ist etwa der mehrmalige Hamburger Marathon-Meister Steffen Benecke nur mit Saftschorle, stillem Wasser und gezuckertem Tee als Erster durchs Ziel gelaufen.

Dass Sporttreibende mit irreführenden Informationen geradezu bombardiert werden, liegt an einer seit den 1970er Jahren anhaltenden Kooperation von nicht ganz unabhängigen Wissenschaftlern und kreativen Marketingexperten - das hat Deborah Cohen ebenfalls im British Medical Journal aufgedeckt.

Als vor 40 Jahren die Marathonläufe in New York immer besser besucht waren, witterte die Getränkeindustrie einen gigantischen Absatzmarkt. Die Verbraucher mussten nur davon überzeugt werden, dass die Sportgetränke besser als Wasser seien und auch, dass man beim Sport generell viel trinken müsse. Mit Erfolg: Seit Jahren steigen die Umsatzzahlen der Branche. So trank laut Statistischem Bundesamt jeder Deutsche 1,3 Liter Mineralstoffgetränke im Jahr 2003, während es 2009 schon 2,9 Liter waren. In den USA hat der Markt die Milliardengrenze längst überschritten.

Und tatsächlich gibt es auch keine Studien, die die Behauptungen der Industrie widerlegen. Der Grund: Studien mit negativen Ergebnissen würden in den einschlägigen Wissenschaftsjournalen gar nicht veröffentlicht. Denn in den Gremien der Magazine sitzen oft Wissenschaftler, die von der Industrie finanziert seien, hat BMJ-Redakteurin Cohen beobachtet. "Auf der anderen Seite gibt es in diesem Bereich kaum öffentliche Forschungsförderung", sagt Heseker.

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