Biologie:Schwangerschaften machen alt - aber nur zeitweise

Lesezeit: 2 Min.

Lässt eine Schwangerschaft den Körper nachhaltig altern? (Foto: Mascha Brichta/dpa)

Alkohol, Nikotin und Stress gelten als Faktoren, die Menschen vorzeitig altern lassen. Einer Studie zufolge machen aber auch Schwangerschaften älter - um bis zu zwei Jahre.

Schwangerschaften erhöhen zumindest zeitweise das biologische Alter einer Frau. Darauf deutet eine Studie der US-amerikanischen Yale School of Medicine hin, die im Fachblatt Cell Metabolism erschienen ist. Die Alterung ist allerdings nicht von Dauer, so das Fazit der Forschungsgruppe: Wenige Monate nach der Geburt scheine sich der Effekt deutlich umzukehren - und das vereinzelt in einem überraschenden Ausmaß.

Der Körper der Frau verändert sich während einer Schwangerschaft umfassend. Der wachsende Fötus verschiebt die Organe in ihrem Bauch, Beckengelenke werden lockerer, Schwangerschaftshormone wandeln Appetit und Energielevel, und selbst die Neuronen im Gehirn verdrahten sich zum Teil dauerhaft neu. Und nicht nur das: Bereits im vergangenen Jahr beschrieb eine Forschungsgruppe der US-amerikanischen Harvard Medical School zudem, dass der Schwangerschaftsstress das biologische Alter einer Frau um bis zu zwei Jahre ansteigen lassen könne. Dieses biologische Alter kann sich vom chronologischen Alter, das den tatsächlichen Lebensjahren entspricht, deutlich unterscheiden: Es wird durch unsere Gene sowie durch äußere Einflüsse, zu denen auch der Lebensstil gehört, bestimmt.

Belastungen schlagen sich im Alter nieder

Ein Team um den Perinatalforscher Kieran O'Donnell und den Biostatistiker Hung Pham von der Yale School of Medicine führte nun eine ähnliche Studie mit einer größeren Gruppe an Probandinnen durch. Konkret analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Blutproben von 119 Frauen zu verschiedenen Zeitpunkten während und nach der Schwangerschaft.

Dabei konzentrierten sie sich auf sogenannte DNA-Methylierungen. Das sind winzige chemische Modifikationen des Erbguts, die sich - anders als die DNA selbst - im Laufe eines Lebens verändern können. Diese Methylierungen bilden bestimmte Muster, anhand derer Forschende das biologische Alter eines Menschen abschätzen können.

SZ PlusMedizin
:Warum ist so vielen Schwangeren übel?

Manche Frauen müssen wegen starkem Erbrechen und drohender Dehydration sogar ins Krankenhaus. Wer besonders gefährdet ist - und was dagegen hilft.

Von Werner Bartens

Tatsächlich stellte die Forschungsgruppe fest, dass sich die Belastung einer Schwangerschaft im biologischen Alter der Frau niederschlägt: So stieg es von der Früh- bis zur Spätschwangerschaft in einem Zeitraum von etwa 20 Wochen um etwa zwei Jahre an. Dies deute darauf hin, dass eine Schwangerschaft die Alterung beschleunige, wie bereits die Arbeit der Harvard Medical School ergeben hatte. Überrascht waren O'Donnell und sein Team, als sie das biologische Alter der Frauen einige Wochen nach der Geburt bestimmten.

"Drei Monate nach der Geburt stellten wir einen bemerkenswerten Rückgang des biologischen Alters fest, bei einigen Personen sogar um acht Jahre", wird O'Donnell in einer Mitteilung zitiert. Während die Schwangerschaft also das biologische Alter erhöhe, gebe es eine deutliche und ausgeprägte Erholung in der Zeit nach der Geburt, so der Wissenschaftler.

Auf diesen Erholungseffekt wirke sich ein hoher Body-Mass-Index der Mutter vor der Schwangerschaft indes negativ aus, so lautet ein weiteres Ergebnis der Studie. Mit anderen Worten: Bei Frauen, die vor der Geburt übergewichtig waren, erholte sich das biologische Alter nach der Geburt nicht so deutlich. Im Gegensatz dazu führte das Stillen zu einem stärkeren Rückgang des mütterlichen biologischen Alters innerhalb von drei Monaten nach der Geburt.

Diese Beobachtungen bieten laut O'Donnell interessante neue Impulse für die Altersforschung - wobei allerdings einiges zu beachten sei: So sei nicht klar, ob der Erholungseffekt nach der Geburt für die kurz- oder langfristigen Gesundheitsergebnisse von Müttern relevant sei, und ob sich diese Effekte über mehrere aufeinanderfolgende Schwangerschaften hinweg akkumulierten. Und O'Donnell nennt noch eine zweite Unbekannte: "Ebenso wissen wir nicht, ob die Verringerung des biologischen Alters nach der Geburt einfach darauf zurückzuführen ist, dass sich das System auf das biologische Alter vor der Schwangerschaft erholt, oder, was noch provokanter ist, ob eine Schwangerschaft einen Verjüngungseffekt hat."

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBiologie
:Schweiß, Urin, Moschus: Wonach Teenager riechen

Warum verändert sich der Körpergeruch beim Erwachsenwerden so drastisch? Forscher haben herausgefunden, welche Stoffe dafür verantwortlich sind.

Von Hanno Charisius

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: