Krankenkassen-Studie über Ernährungssünden:So essen die Deutschen

Lesezeit: 4 Min.

"Hauptsache lecker" ist laut Studie der Techniker Krankenkasse das Hauptmotiv der Deutschen, wenn es ums Essen geht. Als Gourmets kann man die meisten dennoch nicht bezeichnen. (Foto: Techniker Krankenkasse)

Willkommen im Land der Genussmuffel: Bedenkliche Essgewohnheiten haben sich hierzulande durchgesetzt. Nur in jedem zweiten Haushalt kommt täglich Selbstgekochtes auf den Tisch. Keine Zeit, lautet die häufigste Begründung. Doch das ist nicht das einzige Problem. Eine Typologie deutscher Esser.

Von Berit Uhlmann

Nur in jedem zweiten deutschen Haushalt kommt täglich ein selbstgekochtes Mahl auf den Tisch. Bloß die Hälfte aller Deutschen widmet dem Essen größere Aufmerksamkeit, wie eine Umfrage der Techniker-Krankenkasse unter 1000 Bundesbürgern ergab. Wie gesund das Essen ist, spielt nur für ein Drittel der Befragten eine Rolle. Allerdings zeigen sich in den Ergebnissen große Unterschiede zwischen Männern und Frauen, Alten und Jungen, Familien und Singles. Hier eine Typologie der deutschen Esser - und ihrer häufigsten Ernährungsfehler.

Junge Menschen - Schlingen, Surfen, Schönheitsideale

Für viele Menschen unter 25 Jahren ist Essen offenbar so etwas wie Zeitvergeudung. Möglicherweise hatten sie auch wenig Zeit und Konzentration für die Telefonumfrage über die Ernährung übrig, denn was sie den Interviewern antworteten, wirkt in Teilen irrational.

Zwei Drittel der Jüngeren erklären, partout nicht genug Zeit fürs Essen zu haben. Wozu sie ihre Zeit brauchen, kann nur erahnt werden: 40 Prozent der jungen Menschen sehen fern, surfen im Internet oder blättern in Zeitschriften, während sie sich nebenbei irgendwas Essbares in den Mund schieben. Seltsam mutet an, dass knapp 60 Prozent der Jüngeren verkünden, guter Geschmack sei ihnen das wichtigste Kriterium beim Essen. Denn was sie verschlingen, sind überwiegend: Fertiggerichte (60 Prozent verzehren sie mindestens einmal die Woche), Fastfood (33 Prozent essen mindestens dreimal die Woche im Schnellimbiss) sowie Chips und Süßkram (33 Prozent naschen regelmäßig, während sie fernsehen oder im Netz surfen).

80 Prozent der jungen Menschen bezeichnen sich selbst als schlank. Gleichzeitig fühlt sich aber nur jeder Zweite wohl mit seinem Gewicht und ein Drittel möchte abspecken. Immerhin ist den jungen Leuten klar, dass mit ihren Ernährungsgewohnheiten etwas nicht stimmt: 90 Prozent räumen ein, sich nicht konsequent gesund zu ernähren.

Es dauert offenbar sehr lange, bis sich die ungesunde Ernährungsweise auswächst. Denn erst unter Senioren kehrt sich das Bild um. Nach der Krankenkassenstudie sind sie die Altersgruppe, die am stärksten auf die gesundheitlichen Aspekte der Ernährung fokussiert ist. 40 Prozent von ihnen achten auf Kalorien, Vitamine und Nährstoffgehalt. Der Geschmack ist den Rentnern dagegen weniger wichtig.

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Fast 60 Prozent der Männer behaupten von sich, gut oder sehr gut kochen zu können. Und wie viele stehen im Alltag tatsächlich am Herd? 35 Prozent. Warum so wenige? Keine Zeit. Sagen 40 Prozent der Männer. 23 Prozent geben immerhin zu, keine Lust zum Kochen zu haben.

Im Detail interessiert sich die Mehrheit der Männer nicht für das, was auf ihrem Teller landet. Von Bedeutung ist allerdings für 60 Prozent, dass täglich ein Stück Fleisch oder Wurst auf dem Speiseplan steht. Für ebenso viele gehört Fett zu einem ordentlichen Essen dazu.

Diese Gewohnheit schlägt sich im Gewicht nieder: Fast 70 Prozent der Männer bringen eigenen Angaben zufolge zu viel auf die Waage. Dennoch findet jeder Zweite sein Gewicht im Grunde okay.

Prinzipiell ernähren sich Frauen mit mehr Bedacht als Männer. Sie wählen auch sorgsam fettarme, vitaminreiche und Bio-Produkte aus - solange sie keine Belastungen und Enttäuschungen plagen. 40 Prozent der Frauen sind Frustesser, die sich in bestimmten Situationen nicht mehr zurückhalten können. Bei den Männern sind es nur halb so viele. Gleichzeitig bereuen Frauen solche Eskapaden stärker.

Etwa 50 Prozent aller Frauen sind übergewichtig, genauso viele haben schon mindestens einmal eine Diät probiert. Es ist allerdings nicht klar, ob es sich um dieselben Frauen handelt, denn in puncto Abnehmen waltet nicht selten Irrationalität. So haben viele Frauen schon mehrfach unsinnige Abspeckversuche wie Kohlsuppendiät oder "Schlank im Schlaf" probiert. Dagegen tun sich nur halb so viele Männer wie Frauen Kurzzeit-Diäten an.

Man stellt sich gerne die ganze Familie am großen Esstisch versammelt vor. Junior spießt freudig seine Salatblätter auf die Gabel. Die Tochter lobt den Gemüseauflauf, den die Mutter liebevoll zubereitet hat. Doch alle Eltern wissen, wie beharrlich der Nachwuchs am vitaminreichen Essen mäkeln kann. Kein Wunder, dass das wichtigste Kriterium der Essenswahl in Familien lautet: Hauptsache, es schmeckt. Mehr als ein Drittel der Familien achtet zumindest phasenweise gar nicht auf die Inhaltsstoffe der Nahrung.

Was sich die Familien dann in den Mund schieben, sind häufig Fertiggerichte. Ein bis zweimal die Woche kommt solcherart Essen in den meisten Familien auf den Tisch. In jedem vierten Drei-Personen-Haushalt läuft beim gemeinsamen Mahl der Fernseher, das sind sogar drei Prozentpunkte mehr als in Paarhaushalten. Leben zwei Kinder in der Familie, sinkt die Quote der Fensehmahlzeiten auf 15 Prozent.

Auch der Ausflug zum Fastfood-Restaurant ist fester Bestandteil deutschen Familienlebens. Erwachsene mit Kindern essen häufiger in solchen Lokalen als Singles. Als Hauptgrund nennen die Eltern Stress; Alleinlebende geben diese Begründung seltener an.

Die Studie bestätigt, dass sich Menschen mit mehr Bildung und Einkommen prinzipiell mehr mit ihrer Ernährung auseinandersetzen und sich in vielerlei Hinsicht gesünder ernähren als Geringverdiener. Beispielsweise essen sie weniger Fleisch sowie weniger fette und kalorienlastige Gerichte. Dennoch haben auch sie einige Essgewohnheiten, die man bei ihrem Wissen und den finanziellen Ressourcen kaum erwarten würde.

So isst nur die Hälfte der Spitzenverdiener täglich frisches Obst oder Gemüse. Unter den Geringverdienern sind es dagegen drei Viertel. Fertiggerichte kommen bei Menschen mit höherer Bildung häufiger auf den Tisch. 44 Prozent der Menschen mit Abitur essen mindestens einmal wöchentlich Tiefkühlpizza oder Konservengerichte. Nur 36 Prozent der Menschen mit Hauptschulabschluss greifen regelmäßig zu derartigem Essen.

Gleichzeitig gehören Akademiker zu den größeren Frustessern und machen sich mehr Sorgen um ihr Gewicht. Obwohl sie im Schnitt schlanker sind als Menschen mit Hauptschulabschluss, probieren sie häufiger Diäten aus (52 Prozent gegenüber 30 Prozent).

Für die Studie hat das Meinungsinstitut Forsa 1000 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Allerdings gelten Selbstauskünfte über die Essgewohnheiten wissenschaftlich nicht als hundertprozentig sicher.

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