Karies bei Kindern:Da ist was faul

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Kita

Zähneputzen in der Kita: Vielen anderen Kindern droht eine Karies-Erkrankung.

(Foto: Inga Kjer/dpa)

Während Erwachsene immer gesündere Zähne haben, greift Karies bei Kindern um sich. Eltern sollten deswegen schon mit ihren Säuglingen zum Zahnarzt gehen, fordern Fachleute. Einige Gruppen sind besonders gefährdet.

Von Guido Bohsem und Nina von Hardenberg, Berlin

Die Zähne des kleinen Jungen waren kaum noch zu erkennen. Wo sich bei anderen Kindern der Blick auf eine Kette kleiner weißer Perlen öffnet, steckten in seinem Mund unförmige, schwarze Stümpfe. Ein Gebiss, wie man es sonst nur auf den Schockfotos sieht, die man von Zigarettenpackungen kennt. Die Kauflächen der Backenzähne waren von schlimmster Karies zerfressen, die oberen Schneidezähne nur noch Ruinen. Er vermied es, beim Lachen den Mund zu öffnen. Keine drei Jahre war der Junge alt, und doch schämte er sich schon wegen seiner braunschwarzen Zähne vor den anderen Kita-Kindern im bürgerlichen Bezirk Berlin-Charlottenburg. Zahnschmerzen, für die allermeisten seiner Freunde ein unbekanntes Problem, waren ihm alles andere als fremd.

Der Junge litt an "Nuckelflaschenkaries" oder "frühkindlicher Karies der zweiten Stufe", wie man einen derart starken Befall des Milchzahngebisses bei unter Dreijährigen wissenschaftlich korrekt nennt. Jetzt schlagen die wichtigsten Zahnarzt-Organisationen des Landes Alarm. Frühkindliche Zahnschäden wie bei dem Charlottenburger Kita-Kind nähmen weiter zu. "Karies ist die häufigste Erkrankung von Kleinkindern im Vorschulalter", sagte Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, der Süddeutschen Zeitung. "Das macht mir Sorgen." Auch der Vize-Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dietmar Oesterreich, hält die Entwicklung für verheerend. "Wir kommen da nicht voran."

Meistens vergehen Jahre, bevor die Eltern mit ihren Kindern zum Zahnarzt gehen. Dann sei die Zerstörung manchmal so weit fortgeschritten, dass mehrere Zähne gefüllt oder sogar gezogen werden müssten, sagt Oesterreich. Schon für einen Erwachsenen wäre das unangenehm. Für kleine Kinder aber ist es eine Tortur. Weil sie den Schmerz nicht gut verarbeiten und nicht lange genug still sitzen können, ist eine Vollnarkose bei ihrer Zahnbehandlung meistens unumgänglich.

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