Berlin (dpa) - Die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen hat sich in Deutschland seit 1970 fast verdoppelt. 2013 erkrankten etwa 482 500 Menschen an bösartigen Tumoren, wie aus dem erstmals vorgestellten „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland“ hervorgeht.
Im selben Jahr starben knapp 223 000 Menschen an den Folgen von Krebs. Gleichwohl leben Betroffene nach einer Diagnose heute deutlich länger als noch vor zehn Jahren, wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bilanzierte. „Die Überlebensraten in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa.“
Begründet wird die Zunahme der Fälle im Kern mit der älter werdenden Gesellschaft. Bei vielen Krebsarten steigt das Erkrankungsrisiko mit dem Alter. Rechne man den Altersaspekt heraus, sei bei einigen Krebsarten in den vergangenen Jahren eine Trendwende zu beobachten, heißt es im Bericht.
Rückläufig sei zum Beispiel Lungenkrebs bei Männern: Die gute Nachricht ist, dass seit Jahren der Raucheranteil unter Männern sinkt. Seit 1970 hat die Neuerkrankungsrate bei Lungenkrebs bei Männern um ein Viertel abgenommen, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler. Bei Frauen liege die Erkrankungsrate heutzutage allerdings höher als noch 1970.
Rückgänge gab es zudem bei Magen- und Darmkrebs. Dafür steigen die Erkrankungsraten bei Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs weiter. Hier fehlt bislang ein Durchbruch in der Behandlung. Die Krebsarten enden daher auch weiter oft tödlich.
Insgesamt wäre eine große Zahl der Krebsfälle vermeidbar - weltweit ist die Rede von einem Anteil von 30 Prozent. Hierzulande sei jede fünfte Krebserkrankung auf Rauchen und Alkoholkonsum zurückzuführen, sagte Wieler. Weitere Risiken laut Bericht: „Die deutsche Bevölkerung ist im Durchschnitt zu dick (ca. 60 Prozent Übergewichtige), isst zu wenig Obst und Gemüse, zu viel Fleisch und bewegt sich zu wenig.“
„Krebs wird eine ernste und bedrohliche Erkrankung bleiben“, sagte Wieler. Das werde sich in absehbarer Zeit weder durch Prävention noch medizinischen Fortschritt ändern. Gröhe sprach von einer der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen in Deutschland.
Viel versprechen sich Wissenschaftler und auch Gröhe von klinischen Krebsregistern, die Ende 2017 flächendeckend aufgebaut sein sollen. Darin werden sämtliche Daten zur Behandlung von Krebspatienten zusammengetragen. Der bisherige „Flickenteppich“ müsse ein Ende haben, sagte Gröhe. In diesem Sommer hatten Krankenkassen noch gewarnt, dass der Aufbau der Register in vielen Bundesländern nur schleppend vorankomme.
Der Report soll künftig alle fünf Jahre erscheinen. Das 270 Seiten umfassende Werk informiert über die Häufigkeit von Krebserkrankungen hierzulande und geht stärker als frühere Veröffentlichungen auf Vorbeugung, Früherkennung und Versorgung ein. Eine Grundlage sind die bevölkerungsbezogenen Krebsregister der Bundesländer, mit denen seit 2009 flächendeckend Daten erhoben werden.
Krebs zählt zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland - es trifft etwa jeden Zweiten einmal im Laufe seines Lebens. Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Krebs die zweithäufigste Todesursache.