Saarbrücken:Saar-Minister plant quartiersbezogene Armutsbekämpfung

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Eine Frau hält Geldscheine und Münzen in der Hand. (Foto: Daniel Karmann/dpa/Symbolbild)

Mit einer sogenannten quartiersbezogenen Armutsbekämpfung will der neue saarländische Gesundheits- und Sozialminister Magnus Jung auf Daten aus dem neuen...

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Saarbrücken (dpa/lrs) - Mit einer sogenannten quartiersbezogenen Armutsbekämpfung will der neue saarländische Gesundheits- und Sozialminister Magnus Jung auf Daten aus dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht für das Land reagieren. Der SPD-Politiker stellte den Bericht am Dienstag in Saarbrücken vor. Demnach sind 16,2 Prozent der Bevölkerung - also rund 160.000 Saarländerinnen und Saarländer - von Armut betroffen. Im Jahr 2005 lag die Armutsrisikoquote noch bei 13,6 Prozent, beim letzten Bericht 2015 betrug sie 15,4 Prozent.

Am meisten falle in der neuesten Untersuchung der enge Zusammenhang zwischen Armut und Migration auf. So seien in der Gruppe der Migranten 42 Prozent der Menschen arm, also fast jeder Zweite. „Das ist ein Punkt, der uns sozialpolitisch in besonderer Weise herausfordert, zumal sich das auch in gewissen Quartieren konzentriert“, betonte der Minister.

Vor diesem Hintergrund kündigte er quartiersbezogene Projekte an, in der ressortübergreifend die Landespolitik, die betroffenen Kommunen und die Menschen vor Ort einbezogen werden sollen. „Es geht darum, ihnen eine glaubwürdige Perspektive zu vermitteln, dass es mit ihren Quartieren und in ihrem Leben in den nächsten zehn Jahren wieder aufwärts geht und dass sich wirklich etwas ändert“, sagte Jung. Zur Verfügung stünden dafür „erhebliche Haushaltsreste“, die sich in den vergangenen drei Jahren angesammelt hätten - und zwar in Höhe von 1,5 Millionen Euro.

Die Daten aus dem zweiten Armuts- und Reichtumsbericht stammen aus dem Zeitraum 2015 bis 2020 und beinhalten noch nicht die Corona-Pandemie und ihre sozialpolitischen Folgen. Höher als die durchschnittliche Armutsquote im Saarland lagen die der Kinderarmut mit 20,8 Prozent und die der Altersarmut mit 20,3 Prozent. Als armutsgefährdet gilt, wer 60 Prozent oder weniger des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat. Für eine Einzelperson seien dies weniger als 1108 Euro im Monat.

Ursächlich für die Armut ist laut Jung vor allem Einkommensarmut. Dafür verantwortlich sei wiederum neben der Arbeitslosigkeit besonders die Familiensituation. So seien Alleinerziehende nach wie vor deutlich stärker von Armut betroffen, ebenso kinderreiche Familien. Insbesondere bei Paaren mit zwei Kindern gebe es seit 2017 einen deutlichen Anstieg.

Jung sagte, man müsse zudem feststellen, dass sich das Saarland in vielen wesentlichen Punkten in den vergangenen Jahren schlechter entwickelt habe als der bundesweite Durchschnitt. Dies betreffe sowohl die Bevölkerungsentwicklung, das Bruttosozialprodukt als auch die Steigerung des verfügbaren Einkommens. „Armut ist insgesamt ein sehr relevantes Phänomen im Saarland, aber es verteilt sich regional sehr unterschiedlich“, sagte Jung. So liege die Quote in St. Wendel mit 5,6 Prozent am niedrigsten und im Regionalverband Saarbrücken mit 15,1 Prozent fast dreimal so hoch.

Auf der anderen Seite gibt es laut dem Bericht im Saarland 131 Einkommens-Millionäre. Zudem werden 6,2 Prozent der Bürger als reich eingeschätzt - mit einem Nettoeinkommen von mehr als 3695 Euro monatlich. Dass ein überdurchschnittlich hoher Anteil als vermögend gilt - allein 66 Prozent der Senioren - führte der Minister auf die hohe Wohneigentumsquote des Saarlandes zurück. „Teilweise handelt es sich da aber natürlich nur um Scheinvermögen“, meinte Jung. Wenn eine ältere Dame in einem großen aber schlecht isolierten Haus wohne, habe sie zwar formal ein ordentliches Vermögen, könne damit aber im Alltag nichts anfangen. „Im Gegenteil“, so Jung: „Es kann auch noch zu erheblichen Kosten führen, die dann sozusagen das verfügbare Einkommen sogar noch einschränken.“

© dpa-infocom, dpa:220712-99-996140/3

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