Nordhessen:Pilotprojekt will Gewebeproben per Drohne transportieren

Lesezeit: 2 min

Laborleiterin Edith Danner entnimmt einer Drohne, auf dem Gelände des Klinikums Kassel, ihre Fracht. (Foto: Uwe Zucchi/dpa)

In Nordhessen wollen Krankenhäuser künftig den Transport menschlicher Gewebeproben per Drohne testen. Vor einem Regelbetrieb müssen erst noch regulatorische Hürden genommen werden.

Von Nicole Schippers (Text) und Uwe Zucchi (Fotos), dpa

Kassel (dpa/lhe) - Wenn eine Drohne laut surrend am Pathologischen Institut am Klinikum Kassel landet, dann hat sie wichtige Fracht geladen. In einer Transportbox bringt das unbemannte Fluggerät während einer laufenden Operation eine Probe menschlichen Gewebes in wenigen Minuten zur Analyse ins Labor. Der Patient, dem dieser sogenannte Schnellschnitt entnommen wurde, bleibt solange in Narkose, bis der Chirurg anhand der Ergebnisse der pathologischen Untersuchung über die weitere Vorgehensweise und den Umfang des Eingriffs entscheiden kann. Je kürzer diese Zeitspanne ist, desto besser.

Dass dieses Szenario keine reine Zukunftsmusik bleibt, ist Ziel des Projektes Airmour, das am Dienstag in Kassel vorgestellt wurde. Unter realen Bedingungen soll dabei unter anderem in Nordhessen erforscht werden, wie Mobilität im urbanen Luftraum sicher, leise und umweltfreundlich gestaltet sowie zugänglicher und erschwinglicher werden kann. Ziel der Akteure, darunter das Regionalmanagement Nordhessen und der Klinikkonzern Gesundheit Nordhessen Holding (GNH), sei es, binnen Jahresfrist erste Testflüge durchzuführen, sagt der Geschäftsführer des Regionalmanagements, Kai Georg Bachmann.

Nordhessen wird damit neben unter anderem Stavanger (Norwegen und Helsinki (Finnland) eine von mehreren europäischen Pilotregionen für den Einsatz von Drohnen im Medizinsektor. An dem vom Technischen Forschungszentrum VTT in Finnland koordinierten Projekt sind 13 Akteure - darunter Forschungsinstitute, Zivilluftfahrtbehörden und Notdienstbetreiber - aus sechs Ländern beteiligt. Neben Deutschland zählen dazu Finnland, Norwegen, Schweden, Luxemburg und die Niederlande. Die EU finanziert Airmour mit rund 6 Millionen Euro.

Irina Berger, Leiterin des Pathologischen Instituts am Klinikum Kassel, betont die Vorteile des Drohneneinsatzes in der Schnellschnittdiagnostik Er könne zu einer schnelleren und schonenderen Operation von Patienten beitragen, erklärt sie. „Mit einer Drohne ist es möglich, eine Gewebeprobe während einer laufenden Operation innerhalb weniger Minuten auf dem Luftweg vom Krankenhaus in die Pathologie zu bringen.“ Aktuell dauere das mit dem Auto mitunter bis zu einer Stunde. Eine schnellere Analyse verkürze die Zeit des Patienten in Narkose und schone Ressourcen im Krankenhaus.

Drohnen im Gesundheitswesen hätten überdies das Potenzial Organe, Blutkonserven, Medikamente oder gar Notärzte schnell zu den Patienten zu bringen, erläutert der Geschäftsführer des Marienkrankenhauses in Kassel, Michael Schmidt. Für Michael Knapp, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender der GNH, sind Drohnen zudem einen Weg, die Versorgung der Menschen in einer Flächenregion sicherzustellen. „In ein paar Jahren werden wir sie hoffentlich ganz normal nutzen“, sagt er.

Tatsächlich wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis Drohnen in medizinischen Notfällen Hilfe aus der Luft leisten können. Derzeit seien noch einige regulatorische Hürden zu nehmen, erläutert Knapp. Um die Sicherheit zu gewähren, gibt es strenge Auflagen, wann und wo Drohnen fliegen dürfen. Jeder Flug bedarf einer Genehmigung.

Das Airmour-Projekt soll laut Bachmann helfen, offene Fragen auszumachen und Herausforderungen zu bewältigen. „Ohne Anwendung in der Praxis bleiben sie im Ungefähren“, sagt er. Vieles sei noch Neuland. Vor einem Regelbetrieb von Drohnen im Medizinsektor werde die Gesetzgebung noch angepasst werden müssen.

© dpa-infocom, dpa:230306-99-852415/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: