Ernährung:Londons Zuckersteuer ist unausgereift

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Limonaden sollen in Großbritannien künftig mehr kosten. (Foto: Jeff J Mitchell)

Die britische Regierung will ab 2018 eine Steuer auf Limonaden einführen. Eine vernünftige Entscheidung - aber leider nicht konsequent.

Kommentar von Hanno Charisius

Die Zuckerindustrie hatte es nicht leicht in der vergangenen Woche. Am Mittwoch verkündete George Osborne, der Schatzkanzler des britischen Premierministers David Cameron, dass der britische Haushalt ab 2018 mit fast 680 Millionen zusätzlichen Euro Steuereinnahmen rechnen könne. So haben die Briten von der Limonadensteuer erfahren, die auf sie zu kommt. Gezuckerte Getränke sollen um bis zu 32 Cent pro Liter teurer werden, das macht etwa zehn Cent pro Dose. So will die Regierung das Volk dazu bringen, Wasser statt Zuckerwasser zu trinken, und so dazu beitragen, dass die Nation etwas abspeckt. Das Geld soll zudem in Kampagnen für mehr Bewegung fließen.

Aufschrei von der Zuckerlobby: Unfair sei dieser Plan, und es fehlte auch nicht die obligatorische Warnung, nun drohe Jobverlust in der Getränkeindustrie. Solche Steuern hätten zudem noch nie etwas gebracht, verkündete etwa der britische Limonadenverband und argumentiert damit weit an den Tatsachen vorbei. Mexiko führte 2014 eine Steuer auf gezuckerte Getränke ein. Bis zum Ende des Jahres war der Limonadenkonsum um zwölf Prozent gesunken.

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Der zweite Schlag gegen den Zucker kam ebenfalls am Mittwoch. Da wurde die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union bekannt, in der einem Hersteller von Traubenzuckerpräparaten verboten wird, mit gesundheitsbezogenen Aussagen für seine Produkte zu werben, also mit Aussagen wie etwa "Glucose unterstützt die körperliche Betätigung". Das sind biochemische Trivialitäten, die so formuliert aber wie eine gute Sache klingen. Die EU-Kommission hatte das bereits verboten, weil diese Art Werbung zum Verzehr von Zucker aufrufe, obwohl weltweit eine Verringerung des Konsums empfohlen werde. Dagegen hatte der Hersteller geklagt - vorerst vergeblich, denn das Europäische Gericht folgte der Argumentation der Kommission.

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Zwei vernünftige Entscheidungen - wobei die Briten besser gleich konsequent wirklich Zucker hätten besteuern sollen und nicht bloß gezuckerte Getränke. Fruchtsäfte, die ebenfalls viel Zucker enthalten, sind ausgenommen, anderer Süßkram ebenfalls. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, maximal zehn Prozent des täglichen Energiebedarfs durch Zucker zu decken, das entspricht bei einem Durchschnittsmenschen 50 Gramm am Tag. Besser noch für die Gesundheit sei die halbe Menge: 25 Gramm, etwa sechs Teelöffel voll, weniger als in einer Dose Cola oder einem großen Glas Orangensaft. Zucker ist ein Genussmittel, das man besser sparsam dosiert. Und kein Lebensmittel, wie die Industrie gerne suggeriert.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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