Die Erstaufnahme-Einrichtung im Norden der Stadt bietet mehr als 1000 Flüchtlingen Platz. Es ist viel Industrie in der Nähe, die Autobahn ist nicht weit. Lange Zeit befand sich in Trier die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Derzeit gibt es zwischen Ingelheim und Speyer sieben davon. Vieles hat sich verändert, seitdem die Zahl der Flüchtlinge vorübergehend so stark gestiegen ist, doch für manches Problem gibt es auch nach Monaten keine Lösung. Die medizinische Versorgung der Geflüchteten ist so ein Problem.
Wenn an diesem Dienstag in Hamburg der Deutsche Ärztetag beginnt, dann wird die Gesundheit der Asylsuchenden wohl eines der bestimmenden Themen sein. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, kritisiert seit Monaten die aus seiner Sicht unhaltbaren Zustände in weiten Teilen der Republik. Denn Flüchtlinge können vielerorts nicht einfach zum Arzt gehen - eine Behandlung ist nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur möglich, wenn der Patient akut krank ist und die Behörden ihm einen Behandlungsschein ausstellen.
Die Gemeinden befürchten, dass die Kosten stark steigen
Die Mindeststandards führten dazu, "dass der Arzt einen deutschen Patienten prinzipiell anders behandeln muss als einen Flüchtling", sagt Montgomery. Das sei für einen Mediziner "ethisch nicht hinnehmbar". Die Ärztekammer fordert daher, dass Flüchtlinge gleich bei ihrer Ankunft eine sogenannte Gesundheitskarte erhalten. Damit sollen sie einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen können.
Rheinland-Pfalz ist eines von drei Flächenländern im Westen, in denen der Einführung einer Gesundheitskarte praktisch nicht viel im Weg steht. Die Landesregierungen in Mainz, Düsseldorf und Hannover haben bereits entsprechende Rahmenverträge mit den Krankenkassen geschlossen. Für die Gesundheitsversorgung der Migranten kommt in den ersten 15 Monaten der Staat auf und nicht, wie oft behauptet wird, die gesetzliche Krankenversicherung. Ob Flüchtlinge eine Gesundheitskarte bekommen, entscheidet aber nicht das Land, zuständig sind die Städte und Gemeinden - und die ziehen oft nicht mit. In Nordrhein-Westfalen geben derzeit nur 20 von 396 Kommunen Gesundheitskarten aus, in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist es keine einzige.
Das hat vor allem etwas mit den befürchteten Kosten zu tun: Vielerorts sorgen sich Lokalpolitiker darum, dass die Gesundheitsausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge stark ansteigen, sobald die Karten einmal verteilt sind - was auch daran liegt, dass die Kassen sich den zusätzlichen Verwaltungsaufwand bezahlen lassen. Im Rahmenvertrag, den die Mainzer Landesregierung geschlossen hat, sind es pauschal acht Prozent der abgerechneten Leistungen. Wenn dann aufwendige Behandlungen vorgenommen werden, koste der Aufschlag die Stadt "richtig viel Geld", sagt die Trierer Sozialdezernentin Angelika Birk. Sie will daher mit einer Krankenkasse einen gesonderten Vertrag aushandeln, der für die Stadt etwas günstiger ist als der Rahmenvertrag des Landes.
Die Erfahrungen mit der Karte seien "sehr positiv"
In den Stadtstaaten Bremen und Hamburg werden schon seit 2012 Gesundheitskarten für Flüchtlinge ausgegeben. Die Erfahrungen mit der Karte seien "sehr positiv", sagte ein Sprecher der Hamburger Sozialbehörde. Sie habe "zu deutlich schlankeren Verwaltungsverfahren" geführt. In Schleswig-Holstein und Berlin gibt es die Gesundheitskarte für Flüchtlinge seit Jahresbeginn, in der Hauptstadt wurden seitdem fast 3000 Karten ausgegeben. Neben der Bundesärztekammer ist auch der Deutsche Hausärzteverband dafür, die Gesundheitskarte einzuführen. Dessen Vorsitzender Ulrich Weigeldt kritisiert die sonst "hohen bürokratischen Hürden bei der Versorgung von Flüchtlingen".
Die Gesundheitskarte sei eine "sinnvolle Entlastung" für die behandelnden Ärzte, sagt Weigeldt. In Trier ist man derweil dazu übergegangen, Flüchtlingen einen Behandlungsschein auszustellen, sobald sie von der Erstaufnahme-Einrichtung für die Dauer des Asylverfahrens in die Obhut der Stadt kommen - auch wenn sie da noch gar nicht krank sind. Auf diese Weise könnten die Geflüchteten besser medizinisch versorgt werden, sagt Sozialdezernentin Angelika Birk: "Wenn jemand am Samstag Zahnschmerzen bekommt, ist es nicht zumutbar, dass er warten muss, bis das Amt am Montag wieder öffnet."