Währungsstabilität in Gefahr:Griechisches Trauma bedroht Euro

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Noch ist es kein Flächenbrand: Die Überschuldung Griechenlands bringt den Euro aber zunehmend unter Druck. Staatsanleihen könnten ins Trudeln geraten.

Die Finanznöte Griechenlands haben eine Verkaufswelle griechischer Staatsanleihen ausgelöst. Auch der Euro geriet am Freitag weiter unter Druck. Allen Dementis zum Trotz reißen Spekulationen nicht ab, dass die EU-Partner dem Mitgliedsland aus der Bedrängnis helfen werden.

Die schweren Schuldenprobleme Griechenlands könnten auch andere EU-Staaten zwingen, höhere Risikoaufschläge auf ihre Staatsanleihen zu zahlen. Europa macht immer wieder klar, dass Griechenland nicht auf eine Rettung durch andere EU-Länder hoffen darf. Die Finanzprobleme haben eine Verkaufswelle griechischer Staatsanleihen ausgelöst. (Foto: Foto: dpa, SZ-Grafik: smallCharts, Quelle: T.F. Datastream)

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia wiegelte beim Weltwirtschaftsforum in Davos ab, er sehe keine Gefahr, dass Griechenland pleitegehe oder aus der Euro-Zone ausschere.

"In der Euro-Zone gibt es keinen Staatsbankrott", sagte Almunia. Allerdings glaubt die Europäische Kommission, dass die desolate griechische Haushaltslage das Funktionieren der Währungsunion gefährdet. Die ökonomische Situation Griechenlands sei eine "große Herausforderung und langfristig riskant", heißt es im Entwurf eines Memorandums des Europäischen Rates, das im Februar verabschiedet werden soll.

Staatsbankrott - bisher undenkbar in Europa

Die wirtschaftliche und finanzielle Lage Griechenlands könne "negative Auswirkungen auf andere Euro-Länder" haben. Insbesondere könnte neben Griechenland eine Reihe weiterer EU-Staaten gezwungen sein, höhere Risikoaufschläge für ihre Staatsanleihen zu zahlen, heißt es in dem Papier.

An den Finanzmärkten rückte ein Staatsbankrott, der in Europa bislang undenkbar schien, plötzlich in den Bereich des Möglichen. In den vergangenen Tagen mussten deshalb auch die Anleihen Portugals, Spaniens und Irlands Verluste einstecken.

Europa hat der Regierung in Athen aber immer wieder klar gemacht, dass sie nicht auf Rettung durch andere Mitgliedsländer hoffen darf. Die Kommission schlägt jetzt vor, Griechenlands Haushalt praktisch unter die Kontrolle der EU zu stellen. Es wird erwartet, dass das Defizitverfahren verschärft wird, wenn Almunia am Mittwoch im laufenden Verfahren gegen den Defizitsünder neue Sparempfehlungen vorlegt. EU-Abgeordnete unterstützen die Vorschläge der Kommission.

"Jede Überweisung muss vorher geprüft werden, ob sie wirklich nötig ist", sagte der Währungsexperte der Unionsabgeordnete Markus Ferber (CSU). Gemeinsame Euro-Anleihen lehnte Ferber ab. Direkte Finanzhilfen seien dagegen möglich, sollten jedoch an konkrete Bedingungen geknüpft werden.

Bei Hilfe brechen alle Dämme

Die schwere Finanzkrise Griechenlands sollte nach Angaben der Bundesregierung nicht überbewertet werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sehen keine Notwendigkeiten deutscher Nothilfen für das Land. Griechenland müsse seine Probleme selbst in den Griff bekommen.

Man dürfe nicht den Eindruck erwecken, dass die Regierung in Athen bei der Konsolidierung ihres Haushalts aus der Verantwortung entlassen werde. In Berlin wird befürchtet, dass alle Dämme brechen, wenn Brüssel oder Berlin Athen die Hand reichen würden. Denn in diesem Fall dürften sich auch andere Länder wie Portugal Hoffnungen machen, dass die Euro-Gemeinschaft sie auffängt.

Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou hatte beim Treffen der Wirtschaftslenker in Davos betont, die Regierung in Athen sei selbst dafür verantwortlich, ihr Haus in Ordnung zu bringen. Sie werde die EU nicht um weiteres Geld bitten. Auch bilaterale Darlehen würden nicht benötigt. Auf die Frage, ob Griechenland mit Frankreich oder Deutschland über Kredite verhandele, sagte Papandreou: "Nein".

Griechenland gehört zu den am stärksten verschuldeten Ländern der Euro-Zone. Das Staatsdefizit war 2009 mit 12,7 Prozent so hoch wie in keinem anderen Land der Euro-Zone. Die Schulden belaufen sich auf 113 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Kreditwürdigkeit herabgestuft

Wegen der Schuldenprobleme haben die Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit des Landes bereits herabgestuft. Der Schuldendienst wird damit noch teurer. Griechische Staatsanleihen finden derzeit nur Käufer, weil die Renditen in die Höhe schnellten. Für Papiere mit zehn Jahren Laufzeit fordern Anleger inzwischen 7,1 Prozent Rendite, beinahe vier Prozentpunkte mehr als die Bundesrepublik für ihre Anleihen zahlen muss (Grafik).

Das Misstrauensvotum der Investoren erstreckt sich längst auf andere Länder der Eurozone. Wegen anhaltender Sorgen um die Staatsfinanzen Griechenlands und anderer Mittelmeerländer gab der Euro am Freitag weiter nach. Zeitweise war die europäische Gemeinschaftswährung so billig wie seit sechs Monaten nicht mehr.

Der Euro kostete 1,39 Dollar. Die meisten Ökonomen halten ein Auseinanderbrechen der Währungsunion und Staatsbankrotte aber nach wie vor für sehr unwahrscheinlich. Sie gehen davon aus, dass Griechenland am Ende doch Hilfe aus Europa zur Bewältigung seiner Finanzprobleme erhält.

© SZ vom 30.01.2010/gwb/cbu/gam/chof - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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