USA: Immobilienkrise:Brachliegende Neubauten

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In den USA stehen tausende Häuser leer, weil sich Hunderttausende an Hypotheken überhoben haben: Präsident Obama will jetzt helfen. Doch Experten sind skeptisch.

Moritz Koch, New York

Mit neuen Milliardenprogrammen will die US-Regierung den Immobilienmarkt in Gang bringen, der sich drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise noch immer nicht erholt. Experten warnen, dass sich die Lage weiter zuspitzen könnte, weil Steueranreize für Hauskäufer und Stützungskäufe der Zentralbank demnächst auslaufen.

Die Maßnahmen, die die Regierung nun ergreifen will, werden insgesamt 50 Milliarden Dollar kosten. Das Geld soll aus dem Tarp-Fonds entnommen werden, der zur Stabilisierung des Finanzsystems geschaffen wurde. Daher kommt Washington ohne die Aufnahme neuer Schulden aus.

Der Plan zielt auf die Verringerung der Schuldenlast, die viele Amerikaner vor der Krise auf sich geladen haben und die den Aufschwung der US-Konjunktur bremst. Der Immobilienmarkt ist für die US-Wirtschaft von enormer Bedeutung. Niedrige Häuserpreise dämpfen die Binnenkonjunktur, weil die Amerikaner sich ärmer fühlen und weniger konsumieren.

Die Preise am US-Immobilienmarkt fingen 2006 an zu fallen. Der Preisverfall hat dazu geführt, dass jeder vierte Hausbesitzer seiner Bank mehr Geld schuldet, als seine Immobilie wert ist. Die finanzielle Verlockung, die Zahlungen einzustellen, ist deshalb hoch. Die Arbeitslosigkeit hat das Budget vieler Haushalte ohnehin zusammenschmelzen lassen.

Millionen Amerikaner im Zahlungsrückstand

Sieben Millionen Amerikaner sind bei ihren Hypothekenschulden im Zahlungsrückstand. Während die erste Phase der Krise vor allem einkommensschwache Haushalte traf, sind inzwischen auch viele Mittelstandsfamilien in Not.

Wer seinen Job verliert, kann nun darauf hoffen, dass er bis zu sechs Monate von Ratenzahlungen verschont bleibt. Gleichzeitig will die Regierung die Anreize für Banken erhöhen, die Hypothekenlast ihrer Kunden zu reduzieren. Zehn bis 21 Cent bietet die Regierung den Instituten für jeden Dollar an, den sie Schuldnern erlassen.

Andere Gläubiger lockt Washington mit dem Angebot, für ihren Kredit zu bürgen, wenn sie bereit sind, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Die Regierung hofft, mit diesen Maßnahmen bis Ende 2012 vier Millionen bedrängten Hausbesitzern helfen zu können. Einige Banken kommen ihren Kunden bereits entgegen. Die Bank of America etwa bietet Zehntausenden Hausbesitzern einen Teilerlass ihrer Schulden.

Allerdings sind Experten skeptisch, ob die Wiederbelebung des Immobilienmarktes gelingt. Denn alle bisherigen Versuche Washingtons sind gescheitert, obwohl sie ein Volumen von mehr als einer Billion Dollar hatten. So verstaatlichte die Regierung die größten Hypothekenfinanzierer des Landes und gewährte Steuernachlässe für Hauskäufer.

Die Zentralbank assistierte, indem sie Hypothekenbündel kaufte, um die Zinsen für Immobiliendarlehen zu senken. Die Zinsen sanken tatsächlich, doch die Nachfrage nach Häusern blieb schwach.

Im Februar sank die Zahl der verkauften Neubauten abermals, wie das Wirtschaftsministerium vergangene Woche meldete. Nur noch 308.000 neue Einfamilienhäuser fanden einen Käufer, ein Rekordtief und 78 Prozent weniger als im Juli 2005, als der Boom auf dem Immobilienmarkt seinen Höhepunkt erreichte.

Talsohle noch nicht erreicht

Die Talsohle könnte damit aber noch immer nicht erreicht sein. Die Notenbank hat angekündigt, zum Monatsende keine Hypothekenbündel mehr kaufen zu wollen, und im April laufen die Steuernachlässe für Häuserkäufer aus. Beides dürfte die Nachfrage nach Immobilien erheblich dämpfen.

Nicht nur Eigenheime sind von der Krise betroffen. Die Preise für Gewerbeimmobilien sind ebenfalls abgestürzt. Gerade für kleine und mittlere Banken ist das ein Problem. Sie haben große Teile ihres Anlagevermögens Investoren überlassen, die Hotels und Einkaufszentren bauen wollten. Die Zahl der Bankenpleiten steuert auf einen neuen Rekord zu.

Seit Jahresbeginn mussten schon 40 Institute schließen. Der Kongress schätzt, dass jede dritte Bank in den USA gefährdet ist. Die Gefahr eines erneuten Übergreifens auf die Wall Street gilt allerdings als gering. Die Finanzkonzerne haben bereits enorme Abschreibungen vorgenommen und hatten zuletzt keine Probleme, neues Kapital aufzunehmen.

© SZ vom 29.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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