Thilo Sarrazin:Provokateur am falschen Platz

Thilo Sarrazin ärgert Bundesbankchef Weber: Im Vorstand der Bundesbank sollte es um die Kontrolle von Bargeld gehen, nicht um Migranten.

Helga Einecke

Freud und Leid liegen derzeit für Bundesbankpräsident Axel Weber nahe beieinander. Die Regierung beschert ihm einen Machtzuwachs, weil er Herr über die Bankenaufsicht wird. Andererseits bereiten seine Mitarbeiter die erste Demonstration wegen der geplanten Schließung von Filialen vor. Wirklich zu schaffen aber macht ihm sein Vorstandskollege Thilo Sarrazin, der mit politisch inkorrekten Äußerungen querschießt.

Wie soll Weber Sarrazin zum Schweigen bringen? Nützt es etwas, ihm seine Zuständigkeiten weitgehend zu entziehen? Muss sich Sarrazin nicht bestätigt fühlen, wenn gut die Hälfte der Bevölkerung seine Meinung teilt? Die Aufmerksamkeit des Publikums ist Sarrazin gewiss.

Im Ausland erregt er zusätzliches Aufsehen, weil dort seine Meinung zunächst als Stimme der Bundesbank gilt. Weber muss darauf achten, dass seine Behörde wegen Sarrazins Äußerungen nicht als ausländerfeindlich gebrandmarkt wird. Notenbanken müssen im globalen Finanzmarkt eng und möglichst reibungslos zusammenarbeiten.

Ein Bundesbankpräsident darf seine Vorstandsmitglieder weder einstellen noch entlassen, er bekommt sie von Regierungen in Bund und Ländern gestellt. Darüber hat er sich schon in der Vergangenheit beschwert. Weber wollte mehr Leute für die internationale Bühne und nicht nur Verwaltungsexperten.

Der Fall Sarrazin aber liegt anders. Der Mann ist durchaus intelligent, gefällt sich aber in jener Rolle, die er für die des Querdenkers hält. Pech für Sarrazin, denn im Bundesbankvorstand soll zwar gedacht werden, aber nicht quer oder gar verquer. Es geht um die Kontrolle von Bargeld, Banken und Goldschatz, nicht aber um Obsthändler und Migranten.

© SZ vom 12.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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