Deutsche Telekom:Zoff um T-Online

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Hätte die Telekom beim Rückkauf von T-Online mehr Geld für die Aktien der Internettochter zahlen müssen? Jetzt geht der Fall vor das Verfassungsgericht: Aktionäre sollen eine höhere Ausgleichszahlung erhalten.

Harald Freiberger

Der Streit zwischen den Anlegern von T-Online und der Telekom geht jetzt vor das Bundesverfassungsgericht. Die Anwaltskanzlei Dreier Riedel legte am Montag Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt ein. Nach Auffassung der Kanzlei werden die Anleger dadurch zu niedrig entschädigt. Das Bundesverfassungsgericht muss die Beschwerde nicht annehmen. Anwalt Peter Dreier rechnet sich aber gute Chancen aus.

Im September entschied das Oberlandesgericht Frankfurt auf eine Nachzahlung von 1,15 Euro plus 0,23 Euro Zins je Aktie. Das kostete die Telekom rund 200 Millionen Euro. (Foto: ddp)

Kleinanleger versuchen seit sechs Jahren, die in ihren Augen unfaire Behandlung beim Einzug von T-Online-Aktien von Gerichten korrigieren zu lassen. Der damalige Großaktionär Deutsche Telekom hatte T-Online 2000 für 27 Euro je Aktie an die Börse gebracht und 2004 wieder zurückgekauft - um zwei Drittel niedriger zu 8,99 Euro.

Die Konditionen waren aus Sicht vieler Anleger inakzeptabel, zudem habe die Telekom dabei rechtlich fragwürdige Tricks genutzt. "Der Aufsichtsrat von T-Online setzte sich aus Vertreten der Telekom zusammen, so dass diese jederzeit Einfluss auf die Geschicke von T-Online nehmen konnten", sagt Anwalt Dreier. Dies hätten sie auch getan. So habe T-Online, um das Festnetzgeschäft der Telekom nicht noch weiter zu gefährden, die Internettelefonie erst zeitverzögert am Markt etablieren dürfen.

"Unangemessen niedrig"

In zwei Instanzen haben deutsche Gerichte nach Angaben der Anwälte den Investoren in den Jahren 2007 und 2010 inzwischen Recht gegeben. Zuletzt entschied das Oberlandesgericht Frankfurt im September auf eine Nachzahlung von 1,15 Euro plus 0,23 Euro Zins je Aktie. Das kostete die Telekom rund 200 Millionen Euro. "Wir halten das für unangemessen niedrig, weil das Oberlandesgericht ausschließlich auf die damals niedrigen Börsenkurse abgestellt hat", sagt Dreier. Dies bilde jedoch nur die Untergrenze der zu gewährenden Abfindung. Es sei zwingend eine neue Ertragsbewertung beider Gesellschaften durchzuführen. Eine solche dürfte für T-Online Aktionäre zu einem wesentlich günstigeren Umtauschverhältnis führen. Dies habe die Kanzlei mit Gutachten namhafter Professoren nachgewiesen.

Das Landgericht Frankfurt hatte in erster Instanz auf der Basis dieser Gutachten einen Vorschlag von 5,25 Euro je Aktie gemacht. Das hätte für die Telekom Kosten von rund einer Milliarde Euro bedeutet. Das Oberlandesgericht blieb aber deutlich darunter. Dreier versucht mit der Verfassungsbeschwerde den höheren Ausgleich nun durchzusetzen. Wenn das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde nicht annehme, sieht der Anwalt die Gefahr, dass "Deutschland zu einer kapitalmarktmäßigen Bananenrepublik abgleitet". Denn Konzernmütter könnten die Börsenkurse von Töchtern im Vorfeld beabsichtigter Übernahmen dann immer nach unten reden, um so ein für sie günstiges Umtauschverhältnis zu erhalten.

© SZ vom 19.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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