Sportler und Geld:Alkohol, Frauen und schnelle Autos

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Fußballer verprassen ihr Geld - so das Klischee. Wie es wirklich ist, zeigt die Schulung junger Sportler durch eine Privatbank.

Alexander Mühlauer

An die weiße Wand haben sie ihre Erwartungen gepinnt. Viele bunte Zettel mit vielen Fragezeichen sind es geworden:

Topverdiener der Fußballwelt: David Beckham kassiert geschätzt 32,4 Millionen Euro im Jahr. Die Schwelle, dass er von einer Privatbank im Umgang mit Geld geschult werden muss, hat er längst überschritten. (Foto: Foto: dpa)

"Ist mein Geld sicher?" "Sind Banken gut oder böse?" "Wie kann ich meine Rente sichern?"

Sie sitzen in einem Stuhlkreis und warten auf Antworten. Aber nichts da. In der Mitte steht Thomas Esterl, schwarzer Anzug, rotes Einstecktuch, er stellt sich als Fliegenfischer aus Miesbach vor und fragt erstmal, anstatt zu antworten: "Wer von Euch leiht mir Geld?" Keiner meldet sich. Keiner im Stuhlkreis gibt sich die Blöße und vertraut einem Mann, den er nicht kennt. Auch dann nicht, wenn er harmlos aussieht, mit Fliegen fischt und aus einem Landkreis kommt, dessen Kaufkraft laut der Ratingagentur Standard & Poor's 15 Prozent über dem Durchschnitt liegt. "Ich hab' die Fußballer unterschätzt", sagt Esterl.

Die fünf Fußballer im Stuhlkreis grinsen. Es ist Donnerstag, seit drei Tagen lernen sie die Grundlagen der Geldanlage. Tagesgeld, Festgeld, Fonds, Aktien. Jetzt steht "Kredite A bis Z" bei Thomas Esterl auf dem Stundenplan. Esterl ist, wenn er nicht gerade mit Fliegen fischt, Banker bei Hauck & Aufhäuser. Es ist das erste Mal, dass die Münchner Privatbank eine "Summerschool Spitzensport Basic" veranstaltet. Normalerweise sitzen im Stuhlkreis des Tagungszentrums in Harthausen bei München keine Spitzensportler, sondern Töchter und Söhne vermögender Kunden der Bank.

Marktwert: 75.000 Euro

Neben den fünf Fußballern, die sich auf das Bundesliga-Finale an diesem Samstag freuen, lehnen noch zwei Rodlerinnen und ein Biathlet in den Stühlen. Die Sportler sind zwischen 17 und 25 Jahre alt. Einer von ihnen ist David Schittenhelm, 22, kurze Hose, Grasflecken auf den Turnschuhen. Sein Marktwert liegt laut transfermarkt.de bei 75000 Euro. Schittenhelm spielt seine zweite Saison in der zweiten Mannschaft des TSV 1860 München und sagt: "Ich bin an der Schwelle zum Spitzensport." Und da verdiene man dann, wenn es gut läuft, in kurzer Zeit viel Geld. Grund genug also, sich schon jetzt mit dem Thema Finanzen auseinanderzusetzen, findet er.

Schittenhelm kommt aus Oettingen, da wo das billige Bier herkommt, wie er sagt. Um sein Geld hat sich bisher der Vater gekümmert. Bundesschatzbriefe, ein Bausparvertrag, Anleihen. Wenig Risiko, meint der Fußballer. Er studiert Mathematik an der Fernuni Hagen und entspricht so gar nicht dem Bild, das mancher von Sportlern, besonders von Fußballern, haben mag. Viele denken an George Best, den nordirischen Stürmer, der sich mit 59 Jahren zu Tode gesoffen hat. Eben dieser Best sagte einmal: "Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.

Es ist still im Tagungszentrum Harthausen, die jungen Sportler schauen Thomas Esterl über die Schulter. Der Banker steht mit dem Rücken zum Stuhlkreis und schreibt mit seinem Filzstift auf einen Flipchart: Baufinanzierungskredit. Dann dreht sich Esterl um und erklärt die Sache mit den Zinsen. "Zurzeit", sagt er, "haben wir einen niedrigen Zinssatz." Das liege an der Politik der Notenbanken. Diese versuchten mit niedrigen Zinsen die Wirtschaft anzukurbeln.

Das viele Geld der Sportler

Bei der Immobilienfinanzierung sollte sich, so Esterl, die Bank am Leitzins orientieren. Sollte. "Ist die Bank verpflichtet, sich an den Leitzins zu halten?", fragt Daniel Grundei, 17, Fußballer in der Jugend des 1. FC Nürnberg. Nein, sagt Esterl, aber sie sollte. "Warum tut sie es nicht?" will Grundei wissen. Da weicht Esterl, der Banker, aus und warnt lieber vor fremdgenutzten Immobilien wie dem sogenannten Berlin-Modell, mit dem viele Sportler ihr Geld verbrannt hätten.

Überhaupt rät Esterl, was die Referenten nach und vor ihm auch raten: "Sprechen Sie mit kompetenten Bankberatern." Also mit ihm zum Beispiel. Das ist ein verständlicher Rat, will die Bank Hauck & Aufhäuser doch in Zukunft das hoffentlich viele Geld der Sportler, wie es so schön heißt, gewinnbringend anlegen und vermehren. Und natürlich selbst mitverdienen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Finanzberatung im Stuhlkreis - die Kunden von morgen.

Wie sie da so im Stuhlkreis sitzen, sind die jungen Sportler die Kunden von morgen. Und wie deren finanzielle Zukunft aussehen könnte, das beschreibt Gerd Bernard, wie Esterl ist auch er Banker bei Hauck & Aufhäuser. Bernard kommt nicht aus Miesbach, sondern aus Frankfurt und ist Abteilungsleiter Privatkunden. Folgende Rechnung stellt er auf: Ein Profifußballer, 28 Jahre, Bundesliga, 500.000 Euro Jahresgehalt, soll in zwei Jahren in die italienische Serie A wechseln und dort 100.000 Euro im Jahr mehr verdienen. Mit 34 Jahren wird er die Karriere beenden.

Träume vom Ferrari und Designer-Loft

Bernard unterstellt dem Fußballprofi monatliche Lebenshaltungskosten von etwa 10.000 Euro. Sagt es und blickt in ungläubige Gesichter. "Das kann man doch nicht als Beispiel zeigen", meint Natalie Geisenberger. Die Rodlerin bezweifelt, dass sie einmal so viel Geld verdienen wird, von den Lebenshaltungskosten mal ganz abgesehen. Banker Bernard sieht das anders: "Sie können auch eine halbe Million im Jahr verdienen."

Das scheint die Rodlerinnen nicht zu überzeugen. Tatjana Hüfner, eine Kollegin von Geisenberger, fragt: "Was machen Sportler, die nicht so viel verdienen?" Für sie ist die Vorstellung von einer halben Million Jahresgehalt schlicht eine Illusion. Nun, die Fußballer sehen das jedenfalls anders. Sie sitzen da und grinsen, als würden sie gerade an ihr Designer-Loft und den Ferrari davor denken.

Beim Mittagessen, es gibt Kalbsbraten mit Salat und Spätzle, zeigt sich die finanzielle Kluft zwischen Fußball und Randsportarten. Die Rodlerin Geisenberger ist bei der Bundespolizei, ihre Kollegin Hüfner hat sich als Zeitsoldatin bei der Bundeswehr verpflichtet. Sonst drohe Hartz IV, meint Hüfner. Sie hat schon Erfahrung mit windigen Managern gemacht. Einmal hat sie einen Werbevertrag unterschrieben, ohne zu wissen, für welches Produkt sie überhaupt wirbt. Bernards Beispielrechnung mit dem Fußballer zeige nicht die Realität, meinen die beiden Rodlerinnen.

Vielleicht ist es nicht die ihre. Am anderen Tisch sitzen die fünf Fußballer. Wie viele von ihnen es schaffen werden, eine halbe Million im Jahr zu verdienen, weiß keiner. Aber vom großen Geld träumen, das wird doch wohl erlaubt sein, meint einer und grinst.

© SZ vom 23./24.05.2009/lauc/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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