Fan-Rückholaktion TSV 1860:Einmal Löwe, wieder Löwe

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"Ich werde weiter machen, bis ich fertig bin": Bekannte Spieler und Funktionäre versuchen, Fans zu überreden, dem TSV 1860 München die Treue zu halten.

"Ja unsre Sechz'ger vom Giesinger Berg, wir halten zusammen, weil wir auf sie schwör'n! Und ich weiß ganz genau, ich will nah bei dir sein, denn du bist mein Verein, die Gedanken sind immer bei dir!"

Der TSV 1860 München - ein Verein mit langer, vielbeschworener Tradition und treuen Fans. Doch "Einmal Löwe, immer Löwe" scheint nicht mehr zu gelten. Seit Herbst 2008 haben rund 800 Vereinsmitglieder die Kündigung ihrer Mitgliedschaft eingereicht. Zwar sind im gleichen Zeitraum auch etwa 800 neue Mitglieder hinzu gekommen und man könnte von natürlicher Fluktuation sprechen, aber die Vereinsoberen waren dennoch besorgt.

Aufsichtsratsmitglied Karsten Wettberg und Vizepräsident Michael Hasenstab starteten eine "Mitglieder-Rückholaktion". Das Ziel: Herauszufinden, was die Mitglieder zur Kündigung bewegt hat und sie wieder umstimmt. Zur Unterstützung wurden die Spieler Markus Thorandt, Torben Hoffmann und Michael Hofmann dazu geholt und dann hängte man sich ans Telefon.

"Ich wollte die Gründe erfahren, die die Leute zu ihren Entscheidungen bewegt haben und bin auch einer, der gern diskutiert", sagt Torwart Michael Hofmann, der seit 1996 bei Sechzig spielt, "deswegen war das eine spontane Entscheidung von mir, dass ich mitgemacht habe".

Das führte zu teilweise lustigen Situationen, wenn die Leute nicht glaubten, wen sie da am Telefon haben. Wer rechnet schon damit, plötzlich von einem Spieler oder dem Trainer des Lieblingsvereins angerufen zu werden. Hofman hatte beim Telefonieren den Eindruck, "dass die Fans es als sehr positiv empfunden haben, mit uns sprechen zu können. Da haben sie gemerkt, dass es die Spieler und der Verein ernst meinen mit den Fans."

Nach dem Drei-Stunden-Telefon-Marathon der Spieler führt Karsten Wettberg die Aktion von zuhause aus weiter. Er sieht in der Auswertung der Aktion eine "Basis für die Handlungsweise des Vereins".

Torwart Hofmann findet es wichtig, dass der Verein sportlich wieder mehr positive Schlagzeilen schreibt, um die Fans zufriedenzustellen - "die investieren ja schließlich auch viel Zeit und Geld in den Verein", sagt er.

Mit über 20.000 Mitgliedern gehört 1860 München zu den zehn größten Sportvereinen in Deutschland. Da interessiert es den Verein natürlich sehr, warum plötzlich so viele Mitglieder austreten. "Der mangelnde sportliche Erfolg ist für viele ein Grund gewesen und auch die Stadionfrage", sagt Wettberg, "ich habe mit den Fans dann auch diskutiert und gesagt: Geben Sie den jetzigen Protagonisten doch noch einmal eine Chance. Da war ich hartnäckig." Oft hat das auch funktioniert: Knapp jeder zweite Angerufene hat seine Kündigung zurückgezogen.

Bei vielen haben jedoch vor allem finanzielle Gründe zur Kündigung der Mitgliedschaft geführt, sie können es sich schlicht nicht mehr leisten, ein Löwe zu sein. Der Verein aus Giesing, dem alten Arbeiterviertel, hat andere Fans als der FC Bayern München.

Wettberg schätzt, dass er bisher rund 70 Stunden am Telefon verbracht hat - noch sind nicht alle angerufen, aber "ich werde weitermachen bis ich fertig bin", sagt er.

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