Schadenersatzklagen gegen Porsche:Hohe Kurse - große Probleme

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Das starke Auf und Ab der VW-Aktie während der Auseinandersetzung mit Porsche beschäftigt die Justiz - doch Schadenersatz gibt es wohl kaum.

Markus Zydra

Die Erfolgsaussichten von Schadenersatzklagen gegen Porsche sind schlecht. Die Beweisführung in diesen Fällen sei zu kompliziert, sagen Rechtsexperten. Investmentfonds fordern Entschädigung in Milliardenhöhe für Verluste mit VW-Aktien. Porsche habe sie 2008 zu spät von seinen VW-Übernahmeplänen informiert.

Der Fall Porsche-VW beschäftigt die Justiz. Im Bild spiegelt sich ein Porsche 911 in der Radkappe eines Käfers. (Foto: AP)

Im Herbst 2008 hat Porsche völlig überraschend mitgeteilt, dass man sich einen großen Teil der VW-Stammaktien gesichert habe. Die endgültige Übernahme - ein Plan, der zuvor dementiert wurde - sei somit greifbar nahe. Daraufhin stieg der Preis für die VW-Aktie und machte die Rechnung derer zunichte, die auf einen fallenden Kurs gesetzt hatten (Leerverkäufe). Da sich die Fonds die VW-Aktien nur geliehen hatten, waren sie aus Zeitdruck gezwungen, diese Papiere um jeden Preis an der Börse zu besorgen. Dies trieb den VW-Aktienkurs bis auf 1000 Euro hoch.

Einige Investoren fordern nun Schadenersatz: die einen für die Verluste aus den Leerverkäufen, die anderen für entgangene Gewinne bei dem Kursanstieg auf 1000 Euro. Doch die Sache ist kompliziert: Generell bekommt der Anleger nicht den Kaufpreis zurück, sondern nur den Differenzschaden. Dazu müssen Expertengutachten vom Gericht eingeholt werden, um eine schwierige Frage zu beantworten: Was wäre gewesen, wenn?

"Der Fonds muss nachweisen, wie sich der Kurs der VW-Aktie entwickelt hätte, wenn die Information von der geplanten Übernahme früher gegeben worden wäre", sagt der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil. Diese Frage lässt sich nur mit Wahrscheinlichkeitsszenarien beantworten. "Die VW-Aktien stiegen auf 1000 Euro, weil es im Herbst 2008 viele Leerverkäufer im Markt gab. Aber wer weiß schon, ob es ein halbes Jahr früher auch so viele Leerverkäufer gegeben hätte. Wenn nicht, wäre der Kurs wohl nicht auf 1000 Euro gestiegen", sagt Georg Bitter, Professor für Kapitalmarktrecht an der Universität Mannheim. Zudem gebe es noch keinerlei Rechtsprechung zu dem Thema und keine vergleichbaren Fälle.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt seit knapp einem Jahr gegen Porsche und deren Ex-Chef Wendelin Wiedeking, unter anderem wegen des Verdachts auf Kursmanipulation im Zusammenhang mit dem Plan, VW zu übernehmen. Strittig ist, wann der Manager die Investoren von seinem Vorhaben hätte informieren müssen.

In Deutschland vertritt die Anwaltskanzlei CLLB zwölf Investmentfonds, die einen Schaden von 2,4MilliardenEuro geltend machen, zunächst auf außergerichtlichem Weg über einen Mediator. Ende des Jahres, so erwarten die Anwälte, werde die Stellungnahme von Porsche und VW vorliegen. Scheitere die Güteverhandlung, so werde man vor Gericht ziehen."Mir ist weder bei der HRE noch bei der IKB ein Fall bekannt, in dem Richter sich von solchen Schadenersatzforderungen überzeugen ließen", sagt Mattil, der für Investmentfonds die Klagechancen gegen Porsche prüft. Zudem gebe es in diesen Fällen eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Kenntnis des Vorfalls, die bereits abgelaufen sei. Die Verjährungsfrist wird nur dann ausgehebelt, wenn Porsche Vorsatz nachgewiesen wird, was schwierig sein dürfte. Auch der Mannheimer Rechtswissenschaftler Bitter ist skeptisch: "Ich denke, diese Klagen und auch die veröffentlichten Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe sind überwiegend nur Drohkulissen."

Kommt es zum Prozess, dann beginnt ein ambitioniertes Beweisverfahren. Das Gericht prüft, wie sich der VW-Aktienkurs nach Veröffentlichung der Übernahmepläne entwickelte, um dann zu überlegen, wie sich der Preis bewegt hätte, wenn diese Information früher gegeben worden wäre. "Ist der Aktienkurs beispielsweise um zehn Prozent gestiegen, was 30Euro entspricht, dann stellt sich die Frage, ob man den absoluten Betrag rückwirkend ansetzt oder die prozentuale Veränderung", sagt Bitter.

Obwohl die Klagechancen der Investmentfonds gering sind, haben die Auseinandersetzungen Konsequenzen: Die für 2011 geplante Fusion von VW und Porsche wird sich dann verzögern.

© SZ vom 02.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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