Postbank: Übernahme:Ackermanns Milliarden-Spiel

Lesezeit: 4 min

Knapp zehn Milliarden Euro muss sich die Deutsche Bank beschaffen - noch nie zuvor in ihrer Geschichte brauchte sie auf einen Schlag so viel Geld. Hat sich Bank-Chef Ackermann beim Kauf der Postbank verkalkuliert? Fragen und Antworten rund um die Großübernahme.

Die Deutsche Bank prescht vor: Knapp zehn Milliarden Euro sollen Aktionäre dem Institut geben, um die Übernahme der Postbank zu finanzieren - und nebenbei die Bilanz zu stärken.

Die Deutsche Bank knausert mächtig: Postbank-Aktionäre werden nur zum Mindestpreis abgespeist. (Foto: AFP)

Ein Teil dieses Geld kommt den Postbank-Besitzern zugute, die der Deutschen Bank ihre Aktien verkaufen sollen. Doch jetzt zeigt sich: Die Deutsche Bank knausert mächtig. Das Wichtigste zur Übernahme der Postbank im Überblick.

Wie viel Geld will die Deutsche Bank den Postbank-Aktionären zahlen?

Die Deutsche Bank bietet den Postbank-Aktionären voraussichtlich 24 bis 25 Euro je Aktie. Der Preis richtet sich nach den Börsenkursen der vergangenen drei Monate. Der Mindestpreis für die Aktion wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in rund einer Woche ermittelt.

Wie viel Geld hatte die Deutsche Bank für ihren ersten Einstieg bei der Postbank bezahlt?

Die Übernahme der Postbank wurde unmittelbar vor der Lehman-Pleite beschlossen, als die Aktien der Postbank noch auf vergleichsweise hohem Niveau notierten. Die Frankfurter wollten ursprünglich für einen ersten Anteil von knapp 30 Prozent an der Postbank 57,25 Euro je Aktie zahlen - darin wäre ein satter Aufschlag auf den Börsenkurs enthalten. Doch die Deutsche Bank hatte das Problem Lehman und die Folgen für die Kreditwirtschaft unterschätzt: Im Januar 2009 war die Postbank-Aktie zeitweise nur noch etwas mehr als sieben Euro wert. Es wurde eifrig nachverhandelt. Die Lösung: Am Ende stieg die Deutsche Post mit rund acht Prozent bei der Deutschen Bank ein - die Deutsche Bank hatte somit die erste Tranche mit eigenen Aktien bezahlt. Auf diese Weise musste die Deutsche Bank kein Bargeld aufwenden. Ihr Anteil an der Postbank lag durch diese Transaktion aber nur noch bei knapp 23 Prozent. Später stockte sie ihn durch Zukäufe auf mittlerweile knapp 30 Prozent auf.

Warum macht die Deutsche Bank schon jetzt ein Angebot?

Sie will möglichst billig an die Aktien kommen und bedient sich darum eines Tricks: Da bei der Übernahme 2008/2009 beschlossen wurde, dass die Deutsche Bank spätestens im Februar 2012 weitere 60 Millionen Postbank-Aktien für 45 Euro übernehmen wird, hätte sie später den freien Aktionären ebenfalls einen Preis in dieser Größenordnung zahlen müssen. Nur bis Februar 2011 hatte die Deutsche Bank Zeit, den Aktionären eine freiwillige Offerte zu machen - und so ein Pflichtangebot zu verhindern. Offiziell formuliert das Institut das dann so: "Für das Übernahmeangebot an die Aktionäre der Postbank nutzen wir das derzeit bestehende günstige Zeitfenster, um die Gesamtkosten der Akquisition zu minimieren." Bankchef Josef Ackermann beziffert die Einsparung durch das frühe Gebot auf 1,7 Milliarden Euro.

Wie viel Geld zahlt die Deutsche Bank für die Post insgesamt?

Die Übernahme der Postbank kostet die Deutsche Bank insgesamt 6,3 Milliarden Euro. Bankchef Josef Ackermann kalkuliert dabei offenbar mit rund 1,3 Milliarden Euro für das Angebot an die freien Aktionäre. Für die Anteile der ehemaligen Postbank-Mutter Deutsche Post hatte die Deutsche Bank bereits einen Kaufpreis von fünf Milliarden Euro vereinbart. Derzeit hält die Post noch knapp 40 Prozent an der Postbank.

Wie ist der voraussichtlich gebotene Preis von 24 bis 25 Euro für die Postbank-Aktien zu bewerten?

Die Deutsche Bank bietet nur das, was sie vom Gesetz her zahlen muss. Es gibt keinen Aufschlag auf den Börsenkurs. Viele Aktionäre sind darum enttäuscht - die Postbank-Papiere brachen an diesem Montag um fast sieben Prozent ein und notieren aktuell bei rund 25 Euro. Es ist gut möglich, dass viele Aktionäre auf das Angebot der Deutschen Bank nicht eingehen werden.

Die Deutsche Bank braucht rund zehn Milliarden Euro. Wofür benötigt sie das Geld?

Ein Großteil des Geldes - 7,7 Milliarden Euro - wird für die Übernahme der Postbank gebraucht. Mit dem Rest stärkt das Institut die eigene Bilanz - "auch mit Blick auf regulatorische Änderungen", wie es heißt. Die Postbank ist vergleichsweise schlecht mit Kapital ausgestattet: Im Stresstest lag sie im strengsten Szenario nur noch knapp über den Mindestanforderungen.

Wird es weitere Kapitalerhöhungen bei der Deutschen Bank in nächster Zeit geben?

Nach Angaben des Instituts nicht. Sie hat zumindest aus heutiger Sicht einen guten Zeitpunkt für die Kapitalerhöhung gewählt: Viele andere Institute werden sich zur Einhaltung der neuen Eigenkapitalvorschriften im Rahmen des Basel-III-Abkommens ebenfalls neues Kapital beschaffen müssen. Da die Deutsche Bank nun vorprescht, ist noch genügend Kapital am Finanzmarkt vorhanden.

Was hat die Deutsche Bank von der Übernahme der Postbank?

Der Deutschen Bank wurde oft vorgeworfen, dass sie besonders abhängig vom schwankungsanfälligen Investmentbanking sei. Die Postbank mit ihrem starken Fokus auf die private Kundschaft stärkt das Frankfurter Institut im Privatkundenbereich. Nach Aussagen von Ackermann steht das Geldhaus künftig "auf zwei starken Säulen und verfügt über einen besseren, ausgewogenen Ergebnismix und insgesamt stabilere Erträge".

Was erhofft sich die Deutsche Bank konkret?

Im kombinierten Privatkundengeschäft beider Banken sollen mittelfristig Erträge von mehr als zehn Milliarden Euro erreicht werden. Das jährliche Vorsteuerergebnis in diesem Bereich soll dann bei drei Milliarden Euro liegen - für das Jahr 2011 hatte die Deutsche Bank bislang einen Vorsteuergewinn von 1,5 Milliarden Euro angestrebt. Die Eigenkapitalrendite vor Steuern im Privatkundengeschäft soll dann mehr als 20 Prozent betragen. Die sogenannten Synergieeffekte - also etwa Einsparungen durch Zusammenlegung von Abteilungen nach dem Zusammenschluss - veranschlagt die Deutsche Bank auf rund eine Milliarde Euro.

Bleibt die Postbank erhalten?

Die Marke Postbank soll es weiter geben und auch die Zahl der Filialen wird ungefähr gleich bleiben. Viele Produkte der Deutschen Bank, etwas Fonds der Gesellschaft DWS, werden künftig auch bei der Postbank angeboten.

Gibt es einen Personalabbau?

Ja. Offiziell heißt es, für die Personalstärke beider Häusern werde die Übernahme "gewisse Konsequenzen haben".

© sueddeutsche.de/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: