Leitzins unverändert:Fed setzt auf ein Ende der Rezession

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Die US-Notenbank belässt den Leitzins auf seinem historischen Tiefstand - und pumpt 1,75 Billionen Dollar in das amerikanische Finanzsystem.

Die US-Notenbank Federal Reserve setzt auf ein Ende der Rezession in Amerika. Trotzdem wird die Fed bis Jahresende weitere 1,75 Billionen Dollar in das Finanzsystem pumpen. Auch die Europäische Zentralbank stellte Banken der Eurozone fast eine halbe Billion Euro zur Verfügung.

Die US-Notenbank Fed lässt den Leitzins unverändert. (Foto: Foto: AP)

Nach seiner mit Spannung erwarteten Sitzung ließ der Offenmarktausschuss der US-Notenbank (Fed) den Leitzins unverändert in der historisch niedrigen Spanne von null bis 0, 25 Prozent. Die jüngsten Informationen deuteten darauf hin, dass sich das Tempo des Rückgangs verlangsame, hieß es in der Erklärung der Fed. Die Wirtschaft werde zwar noch einige Zeit schwach bleiben, dank der Unterstützung von Regierung und Notenbanken sei aber "die schrittweise Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum bei Preisstabilität zu erwarten". Trotz gestiegener Rohstoffpreise gebe es keine Inflationsgefahr.

Im Gegensatz zur letzten Sitzung vor zwei Monaten warnt die Fed aber nicht mehr vor einer Deflation. Wie geplant wird sie in den nächsten Monaten für 1,25 Billionen Dollar Hypothekenanleihen kaufen; dazu kommen 200 Milliarden Dollar für kurzfristige Kredite und 300 Milliarden für Staatsanleihen.

EZB stellt viel Geld bereit

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) pumpt neues Geld in die Wirtschaft. Ihr Angebot an die Banken und Sparkassen, sich erstmals für ein Jahr bei der Notenbank unbegrenzt Geld zu leihen, fand am Mittwoch reißenden Absatz: 1121 Banken nahmen teil. Die EZB teilte 442,24 Milliarden Euro, also fast eine halbe Billion, zum festen Zinssatz von 1,0 Prozent zu. Die Summe - etwa 1300 Euro je Bürger der Euro-Zone - überstieg die Erwartungen der meisten Analysten bei weitem. Vor allem die Zahl der Bieter zeige das hohe Interesse der Kreditwirtschaft, sagte ein Analyst.

Bundesregierung, Bundesbank und Gewerkschaften forderten, dass die Banken die Liquidität nutzen und mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher vergeben. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die Notenbanken hätten so viel günstiges Kapital zur Verfügung gestellt, "dass es keinen Grund gibt, Kredite zu verweigern". Bundesbankpräsident Axel Weber forderte die Institute auf, die niedrigeren Leitzinsen an ihre Kunden weiterzugeben. Für den Fall, dass das nicht geschehe, könne die EZB auch direkt Geld an die Wirtschaft vergeben. In den USA und Großbritannien kaufen die Notenbanken bereits Anleihen von Unternehmen auf, um deren Finanzierung zu sichern. Die EZB richtet sich dagegen nur an die Kreditinstitute und erwartet, dass diese das billige Geld weiterreichen.

Bislang haben die Geldhäuser die historisch niedrigen Zinsen aber nur an die Sparer und nicht an Kreditnehmer weitergegeben. Vielmehr fordern sie Darlehenszinsen, die beim Baugeld bei 4,5 Prozent beginnen und bei Kontenüberziehungen im zweistelligen Bereich enden. Weber sagte nach Angaben von Teilnehmern während einer Sitzung des Bundeskabinetts, es gebe in Deutschland noch keine allgemeine Kreditklemme, wohl aber wachsende Probleme. Mittlerweile seien neben großen auch kleine und mittlere Betriebe von der Darlehensknappheit und hohen Zinsen betroffen. Grund sei aber auch die unverändert schwierige Lage vieler Banken. Weber verglich die Institute mit "Schlauchbooten voller Risse und Löcher, die nur notdürftig geflickt" worden seien. Es sei deshalb wichtig, dass die Regierung rasch für die Einrichtung so genannter Bad Banks sorge.

Industrie übt Kritik

Kritik am Gebaren der Banken kam auch aus der Industrie. "Unsere Unternehmen haben mit der Kreditversorgung zu kämpfen, erfahren Kürzungen ihrer Kreditlinien und Verteuerungen der Konditionen", sagte der Präsident des Automobilverbands, Matthias Wissmann. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag klagte, vor allem exportorientierte Industriebetriebe hätten Probleme, die wieder steigenden Aufträge vorzufinanzieren. Noch deutlicher äußerte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund. Der Staat müsse zumindest Institute wie die Commerzbank, die mit Steuergeld gerettet worden seien, zu mehr Krediten zwingen.

Arnd Schäfer von der WestLB meint dagegen, die Banken würden deshalb weniger Kredite ausleihen, weil sie über zu wenig Eigenkapital verfügen und weil sie Risiken scheuen. Deshalb sei es fraglich, ob die neue Geldflut der EZB die Kreditvergabe wirklich ankurbelt. Dass die Banken eine solche Gelegenheit nutzen würden, sich mit Geld voll zu saugen, sei absehbar. Der EZB-Rat tagt nächsten Donnerstag in Luxemburg, ein Zinsschritt wird nicht erwartet. Die EZB hat 2008 ihre Leitzinsen von 4,25 Prozent auf 1,0 Prozent gesenkt.

Nach guten Konjunkturdaten stiegen die Aktienkurse am Mittwoch weltweit. Die Aufträge für langlebige Güter waren in den USA im Mai überraschend um 1,8 Prozent gestiegen. Nach der Sitzung der Fed drehte der Dow Jones in New York Stock ins Minus.

© SZ vom 25.6.2009/Helga Einecke, Claus Hulverscheidt und Nikolaus Piper - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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