Krise in Euroland:Banken in Not - reloaded

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Europas Geldhäuser haben hochverschuldeten Staaten viel Kapital geliehen. Dummerweise haben sie dafür keine Rücklagen gebildet. Das rächt sich nun bitter - erneut stürzen viele Institute in die Krise. Welche Banken sind nun betroffen? Fragen und Antworten rund um das Chaos in der Finanzbranche.

Helga Einecke

Es ist schon verwunderlich: Die Finanzkrise dreht sich im Kreis. Drei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers wird erneut eine Bankenkrise diagnostiziert, dieses Mal in Europa. Als erste ging die französisch-belgische Dexia-Bank in die Knie. Nun wollen die Regierungen in Europa die Geldhäuser schnell fit machen, damit keine weiteren Institute kippen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum benötigen die Banken in Europa neues Kapital?

Die Geldhäuser haben die Schulden der europäischen Staaten finanziert. Wenn Länder zahlungsunfähig werden, müssen sich die Banken gegen Kreditausfälle in Milliardenhöhe wappnen. Erwartet wird, dass Griechenland über die Hälfte seiner Schulden schuldig bleibt. Schlimmer wären Zahlungsausfälle bei großen Ländern wie Italien oder Spanien.

Wie viel Kapital brauchen die Institute?

Die Schätzungen über die gesamte Summe schwanken von 50 Milliarden Euro bis 300 Milliarden Euro. Die Kredithäuser sollen doppelt so viel Kapital für ihre Risiken vorhalten wie bisher und haben dafür sechs Monate Zeit. Bisher galten die Staatsfinanzierungen als risikolos. Deshalb müssen sich die Banken total umstellen.

Wie viele Kredithäuser haben in Europa neuen Kapitalbedarf?

Über 90 Banken gelten in Europa als tonangebend, weil sie die Wirtschaft und die Regierungen ihrer Länder finanzieren. Ob sie alle neues Kapital brauchen, hängt davon ab, wie dick ihre Kapitaldecke ist und in welchem Umfang sie Kredite an die am meisten verschuldeten Länder vergeben haben. Diese Länder firmieren unter dem Kürzel PIIGS (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien). Als besonders klamm gelten die Banken in Griechenland, weil die ihren Staat finanzieren, aber auch französische, spanische und italienische Häuser.

Welche deutschen Banken sind betroffen?

13 Geldhäuser nahmen am Stresstest im Sommer teil, dazu gehören die Deutsche Bank und die Commerzbank, alle Landesbanken sowie die Zentralbanken der Volksbanken. Die Deutsche Bank muss sich nach Schätzungen zwischen neun und zwölf Milliarden Euro neu beschaffen, bei der Commerzbank sollen es fünf bis neun Milliarden Euro sein.

Die Landesbanken nennen keine Summen. Immerhin haben die meisten Banken in Deutschland ihre Forderungen an Griechenland schon stark abgeschrieben. Sparkassen und Volksbanken gehören nur indirekt dazu, über ihre Spitzeninstitute, die Landesbanken, die DZ Bank und die WGZ Bank.

Wer entscheidet darüber, wie viel Kapital die Banken brauchen?

Das machen die nationalen und europäischen Bankenaufseher. Sie haben nach der Finanzkrise schon neue Regeln (Basel III) eingetütet, aber lange Übergangsfristen erlaubt. Nun soll es schnell gehen, und auch härter als bisher vorgesehen. Derzeit schaut sich die europäische Bankenaufsicht Eba die Kredite aller Banken an die Krisenländer an. Welche Vorgaben sie machen wird, ist noch offen.

Woher soll das neue Kapital kommen?

Erst einmal können die Banken ihre Gewinne einbehalten. Das würde einen Verzicht für Aktionäre oder Eigentümer bedeutet. Gehaltsdeckel für Vorstände wären auch eine Möglichkeit. Die Banken könnten sich private Kapitalgeber suchen, also den Kapitalmarkt anzapfen. Sie können auch bei ihren Eigentümern um frisches Geld nachsuchen.

Was passiert, wenn eine Bank kein Geld auftreiben kann?

Für diesen Fall haben die Regierungen unmissverständlich mit Zwangskapitalisierung gedroht. Dafür gibt es Vorbilder in den USA und Großbritannien.

Dort wurden schon vor drei Jahren die Banken verstaatlicht, erhielten strenge Auflagen. Die angelsächsischen Banken haben inzwischen ihren Staaten das Geld zurückgezahlt und sind nun wieder in privater Hand. Ähnlich ist es, auf freiwilliger Basis, bei der Commerzbank in Deutschland gelaufen.

Was kann eine Bank sonst tun, damit sie weniger Kapital braucht?

Sie kann ihre Risiken abbauen. Schon in der Vergangenheit wurden Teile von Banken verkauft, um die Geschäfte beherrschbar zu machen. In Deutschland passierte das bisher allerdings als Auflage der EU, wenn Banken staatliche Beihilfen erhielten, wie mehrere Landesbanken oder auch die Commerzbank. Außerdem können Banken an Staaten, Unternehmen und Privatleuten weniger Kredite vergeben, zumindest eine bessere Einschätzung der Risiken vornehmen.

Welche Auswirkungen hat eine höhere Kapitalquote auf die Realwirtschaft?

Bauen Banken Kredite ab, um die Kapitalvorgaben zu erfüllen, kann eine Kreditklemme die Folge sein. Die Unternehmen haben dann nicht genug Geld für Investitionen. Bisher ist es in der Finanzkrise nicht dazu gekommen, obwohl viel darüber spekuliert wurde. Manche große Unternehmen haben Kredite entweder gar nicht nötig oder bereits eine eigene Bank gegründet. Generell sind gesunde Geldhäuser aber ein Pluspunkt für eine Volkswirtschaft, weil sie den Schmierstoff für Wachstum liefern.

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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