Kreditkarten-Betrug:Schaden in einer neuen Dimension

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Hunderttausende Kreditkarten werden derzeit ausgetauscht. Banken melden erste Fehlbuchungen - und Experten erwarten eine nie dagewesene Schadenssumme.

Der Datenmissbrauch bei Kreditkarten hat teure Folgen. Allein in diesem Jahr wird sich der Schaden, der in Deutschland durch den Betrug mit den Plastikkarten entsteht, auf 155 Millionen Euro summieren, berichtet die Bild-Zeitung und beruft sich auf Fachleute der Unternehmensberatung PaySys, die dem Bericht zufolge auf Kartensysteme spezialisiert ist.

Experten prognostizieren, der Gesamtschaden durch den Kreditkartenbetrug könnte 155 Millionen Euro erreichen. (Foto: Foto: AP)

Diese Summe wäre doppelt so hoch wie 2007. "Die Datendiebe werden immer professioneller. Hinzu kommt, dass viele Deutsche bei Internethändlern einkaufen, die keine speziellen Sicherheitssysteme haben und somit leichter zum Opfer von Datenklau werden", sagte PaySys-Geschäftsführer Hugo Godschalk in dem Bericht.

In diesen Tagen läuft die bislang größte Umtauschaktion von Visa- und Mastercard-Kreditkarten in Deutschland an. Dabei gibt es inzwischen auch erste Schäden. Die Postbank bestätigte inzwischen, es habe Kundenbeschwerden über Unregelmäßigkeiten und Fehlbeträge gegeben. Karten betroffener Kunden seien gesperrt und ausgetauscht worden.

Im Video: Wegen eines mutmaßlichen Datenklaus bei einem spanischen Zahlungsabwickler ziehen sämtliche deutsche Banken in großen Stil die Kreditkarten ihrer Kunden ein.

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Inzwischen gehen Fachleute davon aus, dass in Deutschland mehrere hunderttausend Karten zurückgerufen werden müssen. In Fachkreisen wurde ein Bericht des Bayerischen Fernsehens bestätigt, nach dem allein bei den Sparkassen 190.000 Karten betroffen sind.

Verstärkte Risikoüberwachung

Bei der Deutschen Bank hieß es, derzeit würden wegen der Warnungen von Visa und Mastercard mehr Kreditkarten ausgetauscht als üblich. Wie viele Kunden des größten deutschen Kreditinstituts betroffen sind, wollte ein Sprecher nicht sagen.

Auch zu Kosten für Herstellung und Vertrieb der Karten äußerte er sich nicht. Schadensfälle gebe es nicht, die Maßnahme sei rein präventiv. Bei der Commerzbank wurde Anfang November "eine geringe Zahl von Kreditkarten umgetauscht", wie ein Sprecher sagte. Der Kartenaustausch sei "vorsorglich" und dauere "einige Tage". Tatsächliche Betrugsfälle gebe es bei der Bank nicht.

Ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands sagte, es seien keine Schadensfälle und keine Hinweise darauf bekannt. Es zeige sich, dass die Alarmsysteme funktionierten. Die Landesbank Berlin (LBB) verstärkte ihre Risikoüberwachung.

Bei auffälligen Transaktionen werde umgehend mit dem Karteninhaber über Sperre oder Austausch gesprochen, hieß es. Ein genereller Kartenaustausch sei daher bisher nicht geplant. Die LBB und ihre Tochter Berliner Sparkasse gehören mit 1,9 Millionen Karten zu den großen Anbietern.

Die Deutsche Kreditbank (DKB) hat nach eigenen Angaben die betroffenen Karten bereits ausgetauscht. Schäden oder Betrugsfälle seien nicht festgestellt worden. Insgesamt sind in Deutschland mehr als 20 Millionen Kreditkarten im Umlauf.

Kritik von Verbraucherschützern

Verbraucherschützer übten harsche Kritik an den Banken. Die Geldhäuser müssten Kunden schneller aufklären und für mehr Schutz der Daten sorgen. Bereits vor vier Wochen hätten die Kartenunternehmen Mastercard und Visa die Institute über betroffene Karten informiert, kritisierte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Wer schon so lange über das Problem Bescheid weiß, sollte in der Lage sein, seine Kunden umfassend aufzuklären."

Aller Wahrscheinlichkeit nach sei es zu einem kriminellen Angriff auf Karteninformationen bei einem spanischen Abrechnungsdienstleister gekommen. Dort hätten anscheinend entweder Mitarbeiter Daten entwendet oder Hacker sich Zugang zu einem Computerserver verschafft. Die Dienstleister müssten nun sicherstellen, dass ihre Systeme nicht von außen geknackt werden können und ihr Personal mit größter Sorgfalt auswählen und kontrollieren.

Verbraucher sollten bei Banken nachfragen, ob ihre Karte betroffen sei und Abrechnungen genau kontrollieren, sagte Verbraucherschützer Manfred Westphal. "Wenn sich auf den Auszügen nicht genehmigte Abbuchungen befinden, sollten die Betroffenen von ihrer Bank umgehend fordern, die Beträge zu erstatten." Die Geldinstitute stünden in der Pflicht, für etwaige Schäden in jedem Fall einzustehen.

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