Kreditausfälle in Russland:Eine Sau, ein Pfand

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Schwein gehabt: Russische Banken greifen bei der Kreditvergabe auf ungewöhnlichen Sicherheiten zurück.

Russlands Banken müssen sich angesichts steigender Zahlungsausfälle auf Kredite mit unorthodoxen Sicherheiten befassen. So hat etwa die OAO National Reserve Bank des Milliardärs Alexander Lebedew über 40.000 Schweine beschlagnahmt. "Wir hatten einen Gerichtsbeschluss, das Pfand - also die Schweine - mitzunehmen", erklärte der 49-Jährige. Derzeit seien die Tiere auf einem Hof des Schuldners. Der Schuldner habe einen Kredit über 100 Millionen Rubel (2,3 Millionen Euro) aufgenommen.

In Russland hat die OAO National Reserve Bank 40.000 Schweine beschlagnahmt. (Foto: Foto: dpa)

Das Vorgehen von Lebedew ist kein Einzelfall. Immer mehr Vermögenswerte landen bei Banken, die zusehen müssen, wie sie diese verwerten können. So hält die staatliche Sberbank mittlerweile 50 Prozent an Wild Orchid, Russlands größtem Einzelhändler mit Unterwäsche und Strumpfwaren. Der Wettbewerber VTB Group hält die Mehrheit an elf Spirituosenherstellern und zwei Baufirmen.

Herausforderung für die Banken

Die Ratingagenturen rechnen mit weiter steigenden Zahlungsausfällen. Moody's erwartet, dass sich der Anteil der in Verzug geratenen Kredite bis Jahresende auf ein Fünftel aller vergebenen Darlehen summiert, was Problemkredite mit einem Volumen von 110 Milliarden Dollar (74 Milliarden Euro) bedeuten würde. Zum Vergleich: Mitte 2009 lag der Anteil noch bei elf Prozent des Kreditvolumens.

Die Verwertung der Sicherheiten stellt die Banken nun vor Herausforderungen. Die Institute müssen mit "organisatorischen Risiken" zurechtkommen, wenn sie für Kredite verpfändete Vermögenswerte beschlagnahmen, die nicht finanzieller Natur sind. "Es wird notwendig, dass die Banken Geschäfte führen, mit denen sie sich noch vor einem oder zwei Jahren nicht befasst hätten", sagt Andrej Melnikow, stellvertretender Leiter der russischen Einlagensicherungsagentur.

In den Bankbilanzen finden sich immer mehr risikobehaftete Vermögenswerte. Zugleich verschlechtert sich ihre Kapitalausstattung. Milliardär Lebedew sagt: "Eines der großen Risiken besteht darin, das eigene Investment gegen Leute abzusichern, die nicht im geringsten die Absicht haben, etwas zurückzuzahlen." Die Schweine hat er noch nicht abgeholt. Offen ist auch, ob sie gleich geschlachtet werden. Oder auf einen anderen Hof gebracht werden.

© SZ vom 28.10.2009/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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