Konferenz:"Wir hoffen auf den Januar"

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Auf einer Veranstaltung in Nürnberg diskutiert die Immobilienbranche über die Energiewende. Gute Planung und komplexe Technik können den Verbrauch von Neubauten deutlich reduzieren.

Von Ralph Diermann

So ganz hat Andreas Eisele, Präsident der bayerischen Sektion des Bundesverbands freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Bundesregierung die neue Stufe der Energieeinsparverordnung (EnEV) doch noch aussetzt - so wie es die Branche angesichts des großen Bedarfs an neuem Wohnraum lautstark fordert. "Vor der Klimakonferenz in Paris wird das sicher nicht passieren. Aber wir hoffen auf den Januar", erklärte Eisele auf der Energiekonferenz des BFW Bayern am Mittwoch in Nürnberg. Die Wohnungswirtschaft sei fraglos eine Schlüsselbranche für die Energiewende. Damit aber auch der nötige Wohnraum geschaffen werden könne, müssten die Rahmenbedingungen stimmen. "Die Politik darf die Investitionsbereitschaft der Immobilienwirtschaft nicht mit immer neuen, kostentreibenden Vorgaben hemmen", fordert Eisele.

Wer die Klimabilanz deutlich verbessern will, muss vor allem die Bestände sanieren

Neben der EnEV stand eine ganz praktische Frage im Zentrum der Energiekonferenz des BFW Bayern: Wie viel Technik ist nötig, um den Energiebedarf von Neubauten zu reduzieren? Professor Thomas Auer von der TU München gibt darauf eine eindeutige Antwort: "Die Gestaltung und nicht die Technik ist der Schlüssel für bessere Gebäude." Als Beispiel nennt er das Unilever-Haus in Hamburg, dessen Fassade eine Hülle aus Glaselementen vorgesetzt ist. Dieser Puffer ist nicht nur energetisch sinnvoll, sondern erlaubt den Nutzern des Gebäudes auch, die Fenster zu öffnen. Auch Professor Georg Sahner von der Hochschule Augsburg rät dazu, statt teurer Technik erst einmal die einfachen bauphysikalischen Instrumente einzusetzen - etwa mit einer Verschattung den Kühlbedarf zu reduzieren oder die Fähigkeit von Wänden, Decken und Böden zur Wärme- und Kältespeicherung zu nutzen. "Das Bewusstsein für das Potenzial dieser Speichermassen wächst", hat Sahner beobachtet. Mittlerweile gebe es sogar Fertighaushersteller, die Wände ihrer Häuser mit einer Ziegelschicht versehen, um die nötigen Massen zu schaffen.

"Ich bin überzeugt, dass die neuen EnEV-Vorgaben über die Anlagentechnik deutlich kostengünstiger einzuhalten sind als über bauphysikalische Maßnahmen", sagt dagegen Markus Treiber vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer, das unter anderem am Bau der neuen Siemens-Zentrale in München mitwirkt. Ein Hightech-Gebäude: Heizung, Kühlung, Lüftung und Sonnenschutz erfolgen automatisch auf Basis von Daten, die laufend an 28 000 Punkten erhoben werden. Wenn der Bürokomplex 2016 fertiggestellt ist, soll er mit nur vierzig Kilowattstunden Primärenergie pro Quadratmeter und Jahr auskommen. Ob High- oder Lowtech - nehme man die Klimabilanz des gesamten Gebäudebereichs ins Visier, sei diese Frage völlig unerheblich, meint Wolfgang Wallner von der Bayerischen Hausbau. "Nicht der Neubau, sondern der Bestand ist entscheidend für die CO₂-Emissionen. Daher brauchen wir Anreize für die energetische Modernisierung", sagt Wallner. Neben einer finanziellen Förderung müssten auch nicht-monetäre Hebel genutzt werden. Dazu gehöre, das Investor-Nutzer-Dilemma aufzulösen und die Blockade von Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften aufzulösen.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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