Kassenbeiträge:Minister Rösler - Torte im Gesicht

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Höhere Kassenbeiträge und dann auch noch bis zu zwölf Euro Zusatzbeiträge - die Versicherten müssen die höchste Last beim Reformpaket für die Gesundheit tragen. Minister Rösler ist der große Verlierer.

Guido Bohsem

Eins muss man Angela Merkel lassen: Sie hält ihre Ankündigungen ein. Seit Monaten weist die Kanzlerin bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hin, dass die Kosten für die Gesundheit steigen werden. Zu rasant sei der medizinische Fortschritt, zu gravierend die Konsequenzen der veränderten Altersstruktur der Gesellschaft. So lauten kurzgefasst die Begründungen. Mit den Vereinbarungen, die sie und die anderen Spitzen der Koalitionsparteien am Freitag getroffen haben, setzt Merkel ihr Wort in die Tat um. Die Krankenkasse wird nach dem Willen ihrer Koalition deutlich teurer.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) in Erklärungsnot: Die Beiträge steigen, und damit tragen die Versicherten die größte Last beim Reformpaket. (Foto: dpa)

Statt 14,9 Prozent des Bruttolohns sollen mit Beginn des kommenden Jahres 15,5 Prozent fällig werden. Stimmen die ersten Aussagen, können die Kassen künftig zudem bis zu zwölf Euro im Monat an Zusatzbeiträgen verlangen - ohne Rücksicht darauf, ob das Mitglied nun Rentner, Putzfrau, Friseurin, Ingenieur oder Facharbeiter ist. Das sind Zumutungen, die das Ansehen der schwarz-gelben Koalition nicht gerade verbessern werden. Vor allem für die FDP dürfte der Beschluss zu einem Problem werden. Schließlich waren die Liberalen mit dem Werbeslogan "Mehr Netto vom Brutto" angetreten. Nun ist die versprochene Steuersenkung verschoben, und die Beitragssteigerungen führen zu weniger Netto auf dem Konto. Fast noch schlimmer für die Liberalen ist, dass auch die Arbeitgeber belastet werden, denen man im Koalitionsvertrag eigentlich finanzielle Schonung zugesichert hatte. Unverständlich ist auch, warum die Koalition nicht konsequenter nach Einsparmöglichkeiten im System gesucht hat. Die angepeilten vier Milliarden sind keine Kleinigkeit, doch ließe sich noch mehr tun.

Von allen Beteiligten ist der größte Verlierer sicherlich Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Er hat, um es mit Ulla Schmidt zu sagen, die Torte im Gesicht. Rösler wollte es anders machen und die kurzfristigen Flickschustereien seiner Vorgängerin beenden. Große, grundlegende Reformen sollten es sein. Pustekuchen. Nach acht Monaten ist er da angekommen, wo die Sozialdemokratin nach acht Jahren aufgehört hat. Mehr noch. Er muss sich zudem die Frage gefallen lassen, wieso er für diese Reform so lange Zeit hat verstreichen lassen.

Röslers Problem ist gleichzeitig das Problem der Koalition. Denn ihr geht nach der Steuerreform das zweite große Projekt verloren. In weite Ferne gerückt ist der Einstieg in ein System von Kopfpauschalen, bei dem jeder unabhängig von seinem Einkommen den gleichen Beitrag an die Krankenkasse zahlt. In dieser Legislaturperiode wird es wohl nicht mehr gelingen. Damit muss man sogleich auf den großen Gewinner der Veranstaltung zu sprechen kommen, Horst Seehofer. Auch der CSU-Chef hat sein Wort gehalten. Bereits in der Pressekonferenz nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags hat er unmissverständlich klar gemacht, dass er keinem Vorhaben seinen Segen geben werde, das mit einer Kopfpauschale zu tun hat.

© SZ vom 3./4. Juli 2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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