Immobilienmarkt München:Flucht in Betongold

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Neuer Schub für eine lange geschmähte Geldanlage: Nach der Bankenkrise steigt das Interesse von Investoren an Wohnimmobilien in der bayerischen Landeshauptstadt.

Von Michael Tibudd

Es gab Zeiten, bis vor etwa einem Jahr, in denen vielen Anlegern ganz erstaunliche Dinge selbstverständlich erschienen. Dass ein Derivat beispielsweise ein wundersames Mittel zur steten Geldvermehrung sei oder dass Investitionen in isländische Fonds neben der hohen Rendite auch noch ausreichend gesichert seien.

Wieder attraktiv für Investoren: Neubauwohnungen in München, wie hier am Arnulfpark (Foto: Foto: Catherina Hess)

Mit solchen Illusionen war im vergangenen Herbst Schluss, durch die weltweite Finanzkrise wurden ganze Vermögen vernichtet. Vieles von dem, was übrig geblieben ist, ist seitdem in Anlagen geflossen, die von jeher schon einen Ruf als sichere Bank hatten, lange Zeit als etwas langweilig galten - nun aber wieder richtig lukrativ erscheinen: Wohnimmobilien in München, in der Branche auch "Betongold" genannt.

Mehr Käufe, höhere Kredite

Es sind Zahlen wie die der Stadtsparkasse München, die das starke Interesse von Kapitalanlegern und Eigennutzern an Wohnimmobilien belegen. So hat das Münchner Geldinstitut im ersten Halbjahr 2009 ein Viertel mehr Immobilienkäufe finanziert als noch im Jahr zuvor. Und die einzelne Kreditsumme lag dabei auch noch ein Stück höher, stieg doch das Gesamtvolumen der Kredite um 32 Prozent. Außerdem vermittelte die Stadtsparkasse 39 Prozent mehr Immobilien als im Vorjahreszeitraum.

"Die Anleger sind wieder da", sagt Andreas Schedlbauer vom Immobiliencenter der Stadtsparkasse. Wer in den vergangenen Jahren gern an der Börse spekuliert habe, setze nun wieder auf Immobilien in München. Den Trend bestätigt auch die konkurrierende Münchner Bank, es werde "merklich mehr" in Immobilien investiert als in den vergangenen Jahren, heißt es.

Und auch ein ganz anderen Akteur in der Münchner Immobilienlandschaft verzeichnet Zuwächse: Der Haus- und Grundbesitzerverein, der die Interessen der Besitzer von Wohnimmobilien vertritt, freut sich über einen "relativ großen Zufluss an neuen Mitgliedern", wie der stellvertretende Vorsitzende Michael Koch berichtet. Bis Ende Juli seien 1005 neue Mitglieder hinzugekommen, im Jahr zuvor waren es nur 895.

Neben der offenkundigen Tendenz, dass es mehr Immobilienbesitzer in München gibt, stellt Koch aber auch fest, dass nur wenige Besitzer an einen Verkauf denken: "Die Leute fragen sich, wohin mit dem Geld" - einen siebenstelligen Betrag, den ein Mehrfamilienhaus in München leicht wert ist, will man eben in diesen Zeiten nicht in unsicheren oder schlecht verzinsten Wertpapieren parken.

Welche Summen die Käufer aufbringen, erläutert der Immobiliendienstleister Planet Home, eine Tochter der Hypo-Vereinsbank. Eine erhöhte Nachfrage sei allgemein festzustellen, auch für kleine Appartements etwa zwischen 100.000 und 150.000 Euro. "Vor allem verzeichnen wir aber ein sehr großes Interesse von Großinvestoren", sagt Sprecher Michael Schmitt - womit er die Kategorie zwischen 500.000 und fünf Millionen Euro meint. "Viele Investoren kommen aus England oder Italien", sagt Schmitt - ganz allgemein aus solchen Regionen, in denen die Immobilie nicht so wertstabil sei wie in München.

Wie sich das aktuelle Nachfrage-Hoch auf die Preise für Immobilien auswirkt, lässt sich dabei nicht eindeutig feststellen. Der jüngste Marktbericht des Immobilienverbands Deutschland Süd (IVD) aus dem ersten Halbjahr 2009 belegt, dass die Kosten für Eigentumswohnungen gestiegen sind. Bestehende Wohnungen liegen demnach im Schnitt bei 2750 Euro pro Quadratmeter und somit drei Prozent höher als im Vorjahr. Bei Neubauten liegt der Wert bei 3750 Euro - 1,4 Prozent höher als zuletzt.

Entwicklung bleibt unklar

Mit weiteren Steigerungen rechnet Stephan Kippes, Chef des IVD-Marktforschungsinstituts indes erst "mittel- bis langfristig". Für Investoren und Menschen, die sich eine Eigentumswohnung anschaffen wollen, gibt es dabei auch eine gegenläufige Tendenz zu den steigenden Preisen: die niedrigen Zinsen. Bei vielen Banken sind Kredite derzeit deutlich billiger als in vergangenen Jahren.

Und die Mieter? Bedeutet ein Kampf von Immobilien-Investoren um begehrte Wohnungen in München, dass die ohnehin schon hohen Mieten noch weiter steigen werden? Hier sind die Fachleute unterschiedlicher Ansicht. Stephan Kippes verweist darauf, dass die durchschnittlichen Mieten in München zumindest im vergangenen Halbjahr nicht gestiegen sind - nachdem sie zuvor teils auf Rekordniveau geschnellt waren. Er spricht von einem "hohen Plateau", bei dem nicht klar sei, in welche Richtung es weiter gehe. Die Spezialisten von Planet Home hingegen gehen fest davon aus, dass die Mieten in München künftig "deutlich steigen werden".

© SZ vom 01. 09. 2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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