Immobilienkauf:Mieter inklusive

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Vermietete Wohnungen sind meist günstiger zu haben als leere oder neu gebaute. Doch so ein Immobilienkauf kann Probleme bereiten, vor allem dann, wenn man später selbst einziehen will. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Wer eine Wohnung als Kapitalanlage erwirbt, übernimmt oft auch den Bewohner samt Mietvertrag und komplizierten Klauseln. Das kann zu Überraschungen führen.

Von Monika Hillemacher/dpa

Manche Klauseln in Mietverträgen haben es in sich: nicht ausgefüllte Leerstellen, falsch gesetzte oder fehlende Häkchen. Fehler wie diese können unangenehme Folgen haben. Und zwar vor allem für Käufer, die nicht nur eine Wohnung kaufen, sondern damit auch ein bestehendes Mietverhältnis übernehmen. Fachleute sehen in Mietverträgen zwei typische Problemfelder: die Kündigungsklauseln und die Nebenkosten. Bei beiden steckt der Teufel im Detail.

Das Problem: Der Käufer hat so gut wie keine Möglichkeit, einen bestehenden Mietvertrag zu ändern. "Nach dem Grundsatz 'Kauf bricht nicht Miete' übernimmt der Käufer die Rechte und Pflichten des Vorgängers", erläutert der Rechtsanwalt Harald Haakshorst aus Essen. Er hat für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen einen Ratgeber für angehende Wohnungseigentümer geschrieben. Haakshorst empfiehlt, unbedingt die letzte Fassung des Mietvertrags anzufordern, genau zu lesen und im Zweifel nachzuhaken - und das vor der Beurkundung. "Sonst kaufe ich die Katze im Sack."

Welche Schwierigkeiten daraus folgen, erfuhr eine Frau aus Berlin. Sie hatte ihrem Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der wehrte sich aber mit dem Hinweis auf eine Klausel in seinem Vertrag, die eine solche Kündigung ausschloss. Die Stelle, an der im Text eine Befristung für die Gültigkeit des Kündigungsschutzes eingetragen werden konnte, hatte der frühere Eigentümer nicht ausgefüllt. Pech für die Nachfolgerin: Weil die Jahresangabe fehlte, schloss das Landgericht Berlin (Az.: 65 S 175/17) die Eigenbedarfskündigung dauerhaft aus.

Haakshorst überrascht das nicht. "Die meisten Vermieter verwenden Formularverträge. Diese sind wie Allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln." Deshalb würden Fehler und Unklarheiten zulasten des Verwenders, also des Vermieters, ausgelegt. Das trifft auch auf handschriftliche Zusätze zu, die im Widerspruch zu anderen Formulierungen im Dokument stehen.

In angespannten Märkten kann der Kündigungsschutz zehn Jahre betragen

Kündigungsbeschränkungen verhindern entweder für eine gewisse Zeit oder auf Dauer, dass der Mieter raus muss. "Solche Klauseln stehen öfters in Verträgen", erklärt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland in Berlin. Die Klauseln können beispielsweise misslich sein, wenn jemand die Wohnung zunächst zur Kapitalanlage erwirbt, in ein paar Jahren aber selbst einzuziehen plant. "Ist der Selbstbezug ausgeschlossen, kann das die Finanzierung kaputt machen", sagt Storm.

Vorsicht ist zudem bei der Umwandlung eines Mietshauses in Eigentumswohnungen geboten. Dann haben die Bewohner einen Kündigungsschutz von drei Jahren. Gezählt werde vom ersten Verkauf einer Wohnung an, nicht seit der davor liegenden Umwandlung, warnt die Juristin. In angespannten Wohnungsmärkten könne der Kündigungsschutz per Länderverordnung sogar auf zehn Jahre ausgedehnt sein. In der Zeit kann der neue Eigentümer keinen Eigenbedarf geltend machen.

Bei den Nebenkosten steht der neue Eigentümer für Versäumnisse des alten gerade. "Im Formularvertrag ist zu den Betriebskosten nichts angekreuzt. Wie wird das ausgelegt?", fragt der Kölner Rechtsanwalt Georg Jennißen. Und liefert die Antwort gleich mit: "Zugunsten des Mieters. Das heißt, wie nichts vereinbart." In der Konsequenz zahlt der Vermieter dann die Ausgaben für Wasser, Heizung oder Hausmeister.

Ähnliches droht, falls der Mieter eine Warm- oder Inklusivmiete zahlt. Steigende Betriebskosten können dann nicht umgelegt werden, der Eigentümer bleibt auf den Ausgaben sitzen. Das drückt seine Rendite, mit der Folge, dass die Investition schlimmstenfalls unwirtschaftlich wird. Beim Weiterverkauf könnten solche Klauseln zudem ein Hindernis sein, mindestens jedoch Abschläge bringen.

Jennißen rät privaten Investoren, auch auf die Klausel in Sachen Kaution zu achten. "Wenn nichts vereinbart ist, muss der Mieter beweisen, dass er sie gezahlt hat." Steht jedoch etwas im Mietvertrag, ist der neue Vermieter gut beraten, im Vorfeld zu prüfen, wo die Kaution angelegt ist, und die Dokumente dazu in die Hand zu bekommen. Denn "der Käufer schuldet die Kaution, selbst wenn er sie vom Vorbesitzer nicht bekommen hat".

Sicherheitshalber sollte der Kauf der Wohnung Zug um Zug abgewickelt werden. Das heißt: Die letzte Rate wird überwiesen, wenn alle Unterlagen da sind. Es lohnt sich zudem, den Vorbesitzer nach Abgeltungsregelungen zu fragen. Die können vereinbart sein, wenn der Mieter auf eigene Kosten Böden oder Elektrik erneuert hat. Bei einer Kündigung hätte der Investor eventuell einen Ausgleich zu leisten, und das belastet sein Budget.

Wann potenzielle Immobilienkäufer die Reißleine ziehen sollten, lassen die Fachleute offen. Das sei eine Entscheidung zwischen "Rendite und Herzenssache", meinen sie. Ein schlechter Zustand des Objekts, geringe Instandhaltungsrücklagen und ein ausgeschlossener Eigenbedarf, wenn es denn eine Wohnung zur späteren Selbstnutzung sein soll, wären für sie Gründe, von Kaufplänen Abstand zu nehmen. Auf jeden Fall sollten sich Käufer vorab gründlich informieren und wie Immobilien-Profis "nicht am Berater sparen". Privatleute gingen die Sache oftmals blauäugig an.

© SZ vom 13.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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