Hypo Real Estate:Guttenberg torpediert Steinbrücks Pläne

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Wirtschaftsminister Guttenberg will die Enteignung von HRE-Aktionären verhindern - und riskiert Streit mit Finanzminister Steinbrück.

C. Hulverscheidt und T. Öchsner

Zwischen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bahnt sich gleich an mehreren Fronten heftiger Streit an. Wie aus beiden Häusern verlautete, sind die Ressortchefs nicht nur über den weiteren Umgang mit der angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) unterschiedlicher Meinung, sondern auch über die Besteuerung von Dienstleistungen.

Sind verschiedener Meinung: Finanzminister Peer Steinbrück und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. (Foto: Foto: dpa)

So will Guttenberg verhindern, dass Steinbrück die HRE-Aktionäre im Notfall enteignen kann. Zudem verlangt er, dass Deutschland nach dem Vorbild Frankreichs den Mehrwertsteuersatz für Restaurants und bestimmte Handwerkerleistungen reduziert. Steinbrück vertritt in beiden Fragen die exakt entgegengesetzte Position.

Im Streit um die HRE sieht Guttenberg offensichtlich die Chance, sich als ordnungspolitisches Gewissen der Regierung zu etablieren und damit das angekratzte wirtschaftspolitische Profil der Union zu schärfen.

Großes Selbstbewusstsein

Mit seinem Wunsch nach niedrigeren Mehrwertsteuersätzen reiht er sich zugleich in die Riege jener CSU-Politiker ein, die zuletzt mit immer neuen populären Forderungen auf Konfrontationskurs zu den Koalitionspartnern CDU und SPD gegangen waren. Dass sich der Minister als Widerpart ausgerechnet das Kabinetts-Schwergewicht Steinbrück aussucht, zeugt davon, wie groß sein Selbstbewusstsein nach gerade einmal vier Wochen im Amt bereits ist.

Während seine Aussage zur Mehrwertsteuer im Finanzministerium als "Wahlkampfgetöse" abgetan wird, sorgt Guttenbergs Intervention bezüglich der HRE für erheblichen Ärger. "Es ist schon befremdlich, dass ein Minister ein Gesetz im Bundeskabinett mit verabschiedet und dann wenige Tage später versucht, eben dieses Gesetz über das Parlament wieder auszuhebeln", hieß es in Ministeriumskreisen.

Steinbrück will mit Hilfe des Gesetzes die Hypo Real Estate zu annähernd 100 Prozent übernehmen, um die bereits eingesetzten Staatshilfen im Umfang von fast 90 Milliarden Euro zu sichern und Zeit für einen radikalen Umbau des Instituts zu gewinnen.

Guttenberg beruft sich auf Kabinettsbeschluss

Sollten die Aktionäre einen Verkauf ihrer Anteile ablehnen, ist als letzter Schritt auch eine Enteignung möglich. Wirtschaftspolitiker der Union laufen gegen diese Option seit Wochen Sturm. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich dagegen am Montag noch einmal zu dem Gesetz.

Guttenberg beruft sich bei seinen Änderungswünschen auf einen Kabinettsbeschluss, auf dessen Basis sein Ministerium an alternativen Rettungsmöglichkeiten für marode Banken arbeite.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum Guttenbergs Pläne den Vorstellungen Steinbrücks in zweierlei Hinsicht zuwiderlaufen.

Nach den Plänen soll vor einer möglichen Enteignung ein sogenanntes "eingeschränktes Insolvenzverfahren" stattfinden, das eine Pleite verhindern könnte und dem Staat Zeit für eine Sanierung des Unternehmens einräumen würde. Die Rechte der Eigentümer wie auch der Gläubiger würden dabei vorübergehend ausgesetzt.

Der Vorschlag läuft Steinbrücks Plänen jedoch gleich in zweierlei Hinsicht zuwider. Zum einen würden aus Sicht seines Hauses die Verluste der Bank dem Steuerzahler aufgebürdet. "Die Aktionäre hätten zwar eine Zeit lang nichts zu sagen, erhielten dafür aber ein auf Staatskosten saniertes Unternehmen zurück. Das kann ja wohl nicht sein", hieß es in Ministeriumskreisen.

Für den Fall HRE zu spät

Andererseits würde ein solches Insolvenzverfahren Monate dauern. Steinbrück will die HRE aber innerhalb der nächsten sechs Wochen übernehmen, da die Bank ohne weitere Hilfen in zweistelliger Milliardenhöhe spätestens im April Bankrott anmelden müsste. Zudem kann der Minister die HRE-Altaktionäre um den US-Finanzinvestor Christopher Flowers nur enteignen, wenn das entsprechende Verfahren bis spätestens zum 30. Juni dieses Jahres eingeleitet wird.

In den Kreisen wurde betont, das Finanzministerium sei nicht grundsätzlich dagegen, neue Insolvenzformen zu prüfen. Für den Fall HRE komme diese Idee aber zu spät.

Im Streit über die Besteuerung arbeitsintensiver Dienstleistungen bekundete Guttenberg "Sympathie" für die Pläne Frankreichs. Er räumte aber ein, dass es schwer werde, noch vor der Bundestagswahl eine Umsatzsteuersenkung durchzusetzen.

Mit dem Kanzleramt abgestimmt

Die EU-Finanzminister hatten am Dienstag dem monatelangen Drängen der Pariser Regierung nachgegeben und es den Mitgliedsstaaten erlaubt, in eigenem Ermessen über die Höhe des Steuersatzes zu entscheiden. Steinbrück erklärte jedoch umgehend, er werde von der Option keinen Gebrauch machen - eine Haltung, für die er auch die Rückendeckung Merkels hat.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte am Mittwoch mit Blick auf Steinbrücks Festlegung: "Diese Aussage ist eine Aussage, die mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt war."

© SZ vom 12.03.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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