Griechenland: Lehren aus dem Desaster:Schutz und Sühne

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EU-Währungskommissar Olli Rehn will Nägel mit Köpfen machen: Ein permanenter Rettungsfonds soll besseren Schutz vor Euro-Schuldensündern bieten. Wehe allerdings den Ländern, die ihn brauchen.

Die EU-Kommission will einen ständigen Notfallfonds schaffen, um auf Schuldenkrisen wie die in Griechenland künftig besser vorbereitet zu sein. Währungskommissar Olli Rehn kündigte am Mittwoch an, er werde dazu Mitte Mai einen konkreten Vorschlag unterbreiten. Er betonte jedoch, dass die Inanspruchnahme der Hilfe an derart harte Auflagen geknüpft werden müsse, dass der Fonds vor allem der "Abschreckung" diene. Das Sicherheitsnetz müsse so "unattraktiv" sein, dass niemand in Versuchung gerate, sich hineinfallen zu lassen, ohne selbst alles zur Überwindung der Probleme unternommen zu haben.

Die Kommission geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass der Notfallfonds ohne eine Änderung der EU-Verträge eingeführt werden könnte. Das wäre eine wichtige Voraussetzung für eine rasche Umsetzung des Plans. Zugleich will Rehn den EU-Stabilitätspakt verschärfen, der die Haushaltsdefizite in Europa begrenzt und damit die Stabilität des Euro sichern soll. Der Fall Griechenland hatte gezeigt, dass der bisherige Sanktionsmechanismus unzureichend ist. Darüber hinaus schwebt Rehn eine stärkere Überwachung der Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer vor.

"Schuss aus der Hüfte"

Der Plan der Kommission geht in die gleiche Richtung wie der Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, zur Krisenabwehr eine Art Europäischen Währungsfonds einzurichten. Rehn zeigte Sympathie für die Idee, verwies aber darauf, dass sie nur mit einer Vertragsänderung zu verwirklichen wäre. Dies jedoch hält die Kommission gegenwärtig für nicht durchsetzbar. Auch in Berlin hieß es, inhaltlich gebe es Gemeinsamkeiten zwischen Schäuble und Rehn. Bereits beim EU-Finanzministertreffen am Wochenende in Madrid werde es eine erste Diskussion geben.

In Kreisen der EU-Mitgliedsländer zeigte man sich allerdings verwundert darüber, dass die Kommission nun mit einem eigenen Vorschlag vorprescht. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten auf ihrem Frühjahrsgipfel im März Ratspräsident Herman van Rompuy mit der Bildung einer Arbeitsgruppe beauftragt, die bis zum Herbst Vorschläge zur Vermeidung von Schuldenkrisen ausarbeiten soll. In den Kreisen hieß es nun, Kommissionschef José Manuel Barroso habe es offenbar nicht verwunden, dass die Regierungschefs die Aufgabe van Rompuy und nicht ihm übertragen hätten, weshalb die Kommission nun "einen Schuss aus der Hüfte" abgefeuert habe.

Mehrere prominente Euro-Kritiker kündigten derweil eine Klage gegen das EU-Hilfspaket für Griechenland an. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider sagte der Süddeutschen Zeitung, er werde innerhalb der nächsten 14 Tage Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Schachtschneider hatte bereits 1998 zusammen mit dem früheren Zentralbankratsmitglied Wilhelm Nölling sowie den Wirtschaftsprofessoren Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty erfolglos gegen die Einführung des Euro geklagt. Die Grünen verlangten von Schäuble einen Nachtragshaushalt, um mögliche Griechenland-Hilfen parlamentarisch abzusichern. Ein Sprecher Schäubles sagte dagegen, der Minister werde den Bundestag im Zweifel um eine "gesetzliche Ermächtigung" bitten.

Martin Winter, Claus Hulverscheidt, Markus Zydra

© SZ vom 15.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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