Griechenland:Frontal gegen die Ratingagenturen

Lesezeit: 2 min

Kann es sein, dass eine Ratingagentur über das Schicksal eines Landes entscheidet? Nein, sagt die EZB - und setzt jetzt alles dran, die Macht der Agenturen zu brechen.

Ratingagenturen haben eine enorme Macht: Sie legen mit ihren Risikonoten fest, wie kreditwürdig ein Land ist. Je schlechter die Note ausfällt, desto teurer lassen sich die Investoren das Risiko bezahlen - die Zinsen steigen.

Den Regierungen der Euro-Zone wollen jetzt aber offenbar mit einem kühnen Vorstoß die Dominanz der internationeln Ratingagenturen brechen.

"Total geirrt"

Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Kreise der EU-Finanzminister berichtet, will die Europäische Zentralbank (EZB) ein eigenes Länderrating für die Euro-Staaten aufbauen, um sich nicht mehr auf die Bonitätsprüfung von Moody's, Standard & Poor's und Fitch verlassen zu müssen.

"Die Agenturen haben sich im Fall Lehman total geirrt. Wer sagt uns, dass sie es nicht wieder tun?", zitierte das Blatt aus Kreisen der EU-Finanzminister. In der EZB soll demnach dieser Ansatz auf viel Zustimmung stoßen.

Der Unmut in der Zentralbank sei groß, dass das Schicksal Griechenlands mittlerweile in der Hand einer einzigen Ratingagentur, nämlich Moody's, liege, heiße es Notenbankkreise. Die EZB selbst wollte dem Bericht zufolge dazu nicht Stellung nehmen.

Moody's ist die einzige Ratingagentur, die die Bonität Griechenlands noch mit "A2" einstuft. Standard & Poor's und Fitch haben ihre Noten längst auf das schwächere BBB-Niveau gesenkt. Gemäß den Regeln der EZB akzeptiert die Notenbank bei der Ausleihung von Geld an die Banken nur dann Staatsanleihen als Sicherheit, wenn zumindest eine der drei Ratingagenturen den jeweiligen Staat mit einer A-Note bewertet.

Zwar gilt derzeit wegen der Finanzkrise noch eine Ausnahmeregel. Danach liegt das Minimalrating nur bei "BBB-". Doch diese Regelung läuft Ende des Jahres aus, "definitiv", wie die EZB wiederholt bekräftigte.

"Politisches Ansehen immer noch hoch"

Die Ratingagentur S&P ist unterdessen bei der Bewertung der Schuldenkrise Griechenlands nach eigenen Angaben weniger pessimistisch als die Finanzmärkte. "Das politische Ansehen der griechischen Regierung ist noch immer sehr hoch, wenn man den jüngsten Umfragen Glauben schenkt", erläuterte der Chef der Abteilung für Staatsratings, David Beers, seine Haltung.

Vorige Woche hatte S&P vor einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands gewarnt und dies mit möglichen Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes begründet. Dadurch könne die Reduzierung des Haushaltsdefizits erschwert werden.

Drastische Kürzungen bei den Gehältern

Der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou hat mittlerweile seinen Ministerrat über ein neues hartes Sparprogramm zur Rettung Griechenlands vor der Pleite unterrichtet. Eckdaten sind schon durchgesickert: Wie das staatliche Fernsehen (NET) berichtete, werden alle Renten eingefroren.

Die Mehrwertsteuer wird offenbar von 19 auf 21 Prozent erhöht, hieß es in Regierungskreisen. Die Gehälter der Staatsbediensteten werden demnach um etwa zehn Prozent gekürzt, das 13. Gehalt (Weihnachtsgeld) um 30 Prozent und das Ferien- und Ostergeld um 35 Prozent.

Das Ferien- und Ostergeld sind in Griechenland ein 14. Monatsgehalt. Zudem sollen höhere Steuern auf Luxusautos, Yachten und große Immobilien erhoben werden. Nach Schätzungen der Athener Wirtschaftspresse geht es um Einsparungen in Höhe von etwa 4,8 Milliarden Euro.

Am Freitag will Papandreou in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Sanierungspläne sprechen. Am Sonntag ist ein Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Paris geplant und am 9. März ein Gespräch mit US-Präsident Barack Obama in Washington.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: