Gesetzespaket:Von der Leyen will Zuschussrente für Geringverdiener

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Im Kampf gegen die Altersarmut muss die Sozialministerin ihren Gegnern entgegenkommen: Noch diesen Monat soll die Zusatzrente beschlossen werden - um die Kritiker aus der FDP milde zu stimmen, verspricht von der Leyen eine Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung.

Guido Bohsem, Berlin

Diesmal ist Ursula von der Leyen zuversichtlich. Seit etlichen Monaten streitet die Sozialministerin mit ihren Kabinettskollegen und in der Koalition über das Thema Zuschussrente und jetzt soll das Vorhaben in den nächsten drei Wochen gelingen. Schon Ende August soll das Regelwerk von der Regierung beschlossen werden. Erreichen will die Ministerin dieses Kunststück, indem sie ihre umstrittenen Plan für eine höhere Rente von Geringverdienern mit einer deutlichen Senkung der Beiträge für die Rentenversicherung verbindet. So will sie offenbar auch die Kritiker aus der FDP und bei den Arbeitgebern milde stimmen.

Doch von vorne: Es geht um den Kampf gegen die Altersarmut. In den kommenden Jahren erwarten die Rentenexperten eine steigende Zahl von alten Menschen, die zur Altersversorgung nur die Grundsicherung erhalten - die Sozialhilfe im Alter. Derzeit sind es nur etwa 400.000 Menschen, die in diese Gruppe fallen, das sind knapp 2,5 Prozent der Rentner über 65 Jahre. Wie stark diese Zahl in den nächsten Jahren steigen wird, lässt sich nur schwer voraussagen. Klar ist, dass besonders die von Altersarmut betroffen sein werden, die lange Zeit ihres Lebens arbeitslos waren oder nur sehr niedrige Löhne erhalten haben.

Um den Niedrigverdienern den Gang zum Sozialamt zu ersparen, will von der Leyen die sogenannte Zusatzrente einführen. Wer 30 Jahre lang Beiträge gezahlt hat und 40 Versicherungsjahre nachweisen kann - also auch Ausbildungszeiten, Krankheit oder Arbeitslosigkeit - soll eine höhere Rente bekommen.

Verschärfte Anforderungen ab 2018

Vom Jahr 2018 an verschärfen sich die Anforderungen deutlich. Dann gibt es eine Zuschussrente erst nach 35 Beitragsjahren und 45 Versicherungsjahren. Zusätzlich ist der Nachweis einer langjährigen privaten Altersvorsorge notwendig. Zunächst werden nach Angaben des Ministerium 25.000 Rentner von der Regelung profitieren, im Jahr 2030 werden es dann schon 1,4 Millionen sein. Entsprechend steigen die zusätzlichen Kosten für die Rentenversicherung. Anfangs kostet die Zusatzrente lediglich 50 Millionen Euro, später dann 3,24 Milliarden Euro im Jahr.

Neu im Gesetzesvorhaben - ebenfalls ein Entgegenkommen an die Kritiker - ist die sogenannte Kinderkomponente. Zeiten der Kindererziehung und der Pflege werden bei der Berechnung der Zuschussrente nun höher bewertet. Für Versicherte mit Kind kann damit maximal eine Rente von 850 Euro im Monat herauskommen. Die FDP und die Arbeitgeber hatten gegen das Vorhaben protestiert, weil ihnen die Kosten für das Vorhaben zu hoch erscheinen und sie die Systematik der Rentenberechnung verletzt sehen.

Von der Leyen will die Kritik nun offenbar entschärfen, indem sie das Vorhaben an die Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung koppelt. Zu Beginn des kommenden Jahres sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur noch 19 Prozent des Bruttolohns an die Rentenkasse zahlen. Das bedeutet eine Entlastung von etwa sechs Milliarden Euro. Endgültig feststehen wird die Höhe der Beitragssenkung jedoch erst im Herbst.

Beitragssenkung kommt "Ohne Wenn und Aber"

Von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, mit ihren Vorschlägen die Differenzen über die Zuschuss-Rente beilegen zu können. "Das vorgelegte Gesamtpaket hilft der Wirtschaft in der Krise, sorgt für einen gerechten Ausgleich zwischen Jung und Alt im demografischen Wandel und verhindert, dass Menschen in der Altersarmut landen, die sich um die Älteren und die Kinder kümmern", erklärte sie. Die Senkung komme "ohne Wenn und Aber". Wenn die maßgebliche Finanzschätzung der Rentenversicherung im Herbst einen Beitragssatz von 18,9 Prozent im Jahr 2013 für möglich hält, soll der Beitrag auf diesen Wert fallen. In diesem Jahr liegt der Beitragssatz bei 19,6 Prozent.

In dem Paket sind auch Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und höhere Freibeträge für Zuverdienste von Rentnern (Kombi-Rente) enthalten. Zudem will von der Leyen alle Selbstständigen zu einer Alterssicherung verpflichten. Die Betroffenen sollen selbst entscheiden, wo sie sich versichern: privat oder in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die geplante Neuregelung der Erwerbsminderungsrente soll Menschen helfen, die krankheitsbedingt vorzeitig in Rente gehen müssen.

© SZ vom 09.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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