Finanzplatz Schweiz:Risse im Tresor

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Die USA haben das Schweizer Bankgeheimnis bereits angekratzt - nun will Deutschland nachziehen.

Hans Leyendecker, Thomas Kirchner und Nicolas Richter

Die Illustration im Schweizer Sonntagsblick zeigt den deutschen Adler, der das Fürstentum Liechtenstein in seinen Krallen hat und bereits auf eine zweite Alpenrepublik schaut: "Wann ist die Schweiz an der Reihe?" fragt das Wochenblatt.

(Foto: Foto: AP)

Seit die Bochumer Staatsanwaltschaft gegen eine Reihe von Vaduzer Bankberatern wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt, fürchten auch Eidgenossen, dass der Skandal womöglich überschwappt.

Liechtensteiner Banken haben einen Teil der von deutschen Steuersündern versteckten Millionen in Genf und Zürich angelegt. Aufmerksam registrierten deshalb auch helvetische Banker, dass Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am Wochenende darauf hinwies, dass es beim Trockenlegen der Steuersümpfe "nicht nur um Liechtenstein" gehe: "Wir reden auch über die Schweiz".

Unterschiede zwischen

Liechtenstein und der Schweiz

Sein Vorgänger, Parteifreund Hans Eichel, präzisierte: Es sei damit zu rechnen, dass Deutschland mit "ausländischen Unternehmen, die diese kriminellen Aktivitäten begünstigen, keine Geschäfte mehr machen wird". Können Schweizer Banken boykottiert werden?

Video: Umfrage zur Steueraffäre

Traditionell führt bei deutschen Finanz-Skandalen eine breite Spur nach Liechtenstein und eine schwächere Spur in die Schweiz. "In Liechtenstein sind die Stiftungen, in der Schweiz ist ein Großteil des oft schwarzen Geldes", sagt ein Fahnder der Ermittlungskommission Liechtenstein II. Vergangene Woche suchten die Ermittler auch die Münchner Filiale der Schweizer Großbank UBS heim, um nach Unterlagen zu schauen.

Aus Sicht deutscher Strafverfolgungsbehörden gibt es aber schon Unterschiede zwischen der Schweiz und dem Fürstentum. Liechtenstein gewährt bei Steuerdelikten jedweder Art den deutschen Ermittlern keinerlei Rechtshilfe.

In der Schweiz erteilen die Banken bei gewöhnlichen Steuerhinterziehungen keine Auskünfte; es wird keine Rechtshilfe gewährt und die Tat löst in der Schweiz nur ein Verwaltungsverfahren mit Geldbuße und Nachsteuern aus.

Wenn einer aber Steuerbetrug begeht, indem er Unterlagen fälscht, wird er auch in der Schweiz straffällig und die Eidgenossen gewähren Rechtshilfe. Im Siemens-Korruptionsfall führte das bayerische Landeskriminalamt Vorermittlungen bei den Nachbarn; während die Schweizer hilfsbereit waren, blockten die Liechtensteiner aus Sicht der Ermittler abrupt ab.

"Robusteres Vorgehen" der USA

Der Unterschied ist auch an Begriffen zu erkennen. Die Liechtensteiner haben das Bankgeheimnis zur Waffe gemacht, die Schweizer reden lieber vom "Bankkundengeheimnis". So müssen Neukunden einer Schweizer Bank seit kurzem eine Vollmacht unterschreiben, dass die Bank ihre Identität offenlegen darf.

"Geschäftsinformationen unterstehen nicht den anwendbaren Bankgeheimnis-Regeln", heißt es auf Formularen. Liechtensteins Ex-Regierungschef Mario Frick, Anwalt von Beruf, sagt, dass die Schweiz bei der "Kooperation in Steuerfragen ... deutlich weiter als Liechtenstein" sei. Doch lebe auch das Schweizer System "von Graubereichen und der Akzeptanz der Privatsphäre. Den völlig gläsernen Bankkunden gibt es nur in Deutschland."

Eichel erklärte, dass die USA "weitaus robuster" als die Deutschen vorgingen. So sind Einschnitte in das Bankgeheimnis bisher vor allem auf amerikanischen Druck hin erreicht worden. Zuletzt schlossen die Schweizer Banken 2000 ein weitgehendes Abkommen mit der US-Steuerbehörde, das auf amerikanische Steuerpflichtige im Ausland zielt.

Deren Identität müssen die helvetischen Institute preisgeben, wenn die US-Bürger amerikanische Wertpapiere kaufen. Erreicht wurde dies, indem den Schweizer Niederlassungen in den USA mit Einschränkungen im Geschäft gedroht wurde. "So sollten es die Deutschen auch machen", sagt ein intimer Kenner der Schweizer Bankenszene.

Es habe keinen Sinn, nun öffentlich Druck auf die Schweizer Regierung auszuüben, wie dies Eichel und Steinbrück tun. "Die Deutschen denken zu etatistisch, der schwache Schweizer Finanzminister hat da wenig Einfluss." Vielmehr müsse man direkt die Schweizer Banken ansprechen und ihnen mit Sanktionen drohen, die dem Welthandelsabkommen nicht widersprächen: zum Beispiel Einschränkungen im Kapitalverkehr oder beim Investmentbanking. Langfristig sei das Bankgeheimnis ohnehin unhaltbar, das wüssten auch die Schweizer Banken.

"Sie wollen nur das Ende so lange wie möglich hinauszögern", sagt der Experte. Im Gegensatz zu den USA gelingt es der EU bislang nicht, einen entsprechenden Druck auf die Banken in der Schweiz und Liechtenstein auszuüben. Das liegt auch daran, dass sich die EU-Staaten in dieser Frage nicht einig sind: So stellt die OECD zum Beispiel die Schweiz in eine Reihe mit den EU-Mitgliedern Österreich und Luxemburg - weil alle verdächtige Bankkonten abschotten.

© SZ vom 26.02.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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