Finanzen kompakt:Banker-Boni: Schäuble muss sich rechtfertigen

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Bonizahlungen bei der Hypo Real Estate führen zum Streit. Die EU erhält eine Finanzaufsicht und Dieter Rampl wird Unicredit-Interimschef. Das Wichtigste in Kürze.

Der Bund muss sich für millionenschwere Bonizahlungen an Mitarbeiter der verstaatlichten Hypo Real Estate (HRE) rechtfertigen. Der Vorsitzende des Bundestagsgremiums zur Finanzmarktstabilisierung hat die Leitung des Bankenrettungsfonds Soffin und den Lenkungsausschuss zu einer Sondersitzung am kommenden Montag vorgeladen, wie das Handelsblatt berichtete.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unter Druck: Mitarbeiter der verstaatlichten HRE erhielten Jahresboni - obwohl die Bank 2009 Verlust gemacht hat. (Foto: dpa)

Das Gremium, dem Vertreter aller Bundestagsfraktionen angehören und das die Vergabe staatlicher Hilfen durch den Soffin überwacht, ist verärgert: Sie erfuhren erst spät von den 25 Millionen Euro Boni, die trotz des 2,2 Milliarden Euro hohen Verlustes der Bank ausgeschüttet worden sind. Die HRE hatte zudem erst vor kurzem eine 40 Milliarden-Finanzspritze gefordert, womit die Staatshilfen und Garantien zur Rettung der Bank auf fast 150 Milliarden Euro angewachsen sind.

Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider, der Mitglied im Finanzmarktgremium ist, kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die unzureichende Informationspolitik gegenüber dem Parlament und die mangelnde Sensibilität bei den Bonuszahlungen.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums hatte erklärt, man wolle mit den Boni die Mitarbeiter halten. Die HRE befürchtete dem Handelsblatt zufolge den Abgang von Topmanagern im USA-Geschäft. Anfangs waren sogar Prämien in Höhe von 35 Millionen Euro im Gespräch. Der Bund und Soffin hätten die Zahlungen auf 25 Millionen Euro heruntergehandelt, wie das Handelsblatt berichtete. Auch für das kommende Jahr habe der Vorstand bereits Prämien festgelegt - wie hoch sie ausfallen, ist nicht bekannt.

Das EU-Parlament hat ein Gesetzespaket über eine umfassende Finanzaufsicht verabschiedet. Als "Finanzmarktpolizisten" mit einer nie dagewesenen Machtfülle werden drei neue EU-Behörden und ein Gremium für die Frühwarnung bei Krisen geschaffen. Sie nehmen Anfang 2011 ihre Arbeit auf.

Die Behörden sollen Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel kontrollieren und in Krisen- und Streitfällen nationalen Banken Anweisungen geben können. "Dies ist die erste wirkliche Lektion, die wir aus der Finanzkrise gezogen haben", sagte der belgische EU-Ratsvorsitzende Didier Reynders.

Reformiert wird mit diesem Paket auch die bisher national zersplitterte Finanzaufsicht in Europa. Frankfurt bekommt die Versicherungsaufsicht, London die Bankenbehörde und die Börsenaufsicht geht nach Paris.

Dieter Rampl ist als neuer Unicredit-Chef ganz an der Spitze angekommen - zumindest für eine Zeit des Übergangs. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Unicredit führt zusammen mit Kollegen vorübergehend die Geschäfte der italienischen Großbank. Der langjährige Unicredit-Chef Alessandro Profumo war nach Streit mit den Aktionären zurückgetreten.

Rampl hatte sich vom Banklehrling bis an die Spitze der Hypo-Vereinsbank hochgearbeitet und war von 2003 bis 2005 ihr Vorstandschef. Der gebürtige Münchner verordnete der lange krisengeplagten HVB eine schmerzhafte Sanierung - tausende Stellen wurden gestrichen, Beteiligungen wie die Norisbank verkauft und das Immobiliengeschäft in der Hypo Real Estate abgespalten. Doch Abschreibungen auf Altlasten sorgten weiter für Milliardenverluste.

Am Ende machte Rampl das Institut dank des Umbaus aber wenigstens zu einem attraktiven Übernahmeziel und holte einen guten Preis raus, als die Hypo-Vereinsbank 2005 von der italienischen Unicredit übernommen wurde.

Bei der Unicredit muss Rampl nun vor allem für Stabilität sorgen und schnellstmöglich einen Nachfolger für Profumo finden, der seit 1997 an der Spitze der Großbank stand. Neben Profumos Stellvertretern könnten auch externe Kandidaten zum Zuge kommen. Rampls Kontakte sind gefragt.

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