Europäische Schuldenkrise:China hilf!

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Ungarn hat es vorgemacht, jetzt bittet Italien um Hilfe: China soll im großen Stil in Italien investieren und dem klammen Land so aus der Krise helfen. Finanzminister Giulio Tremonti hat bereits Gespräche mit dem chinesischen Staatsfonds geführt.

China soll Europa retten: Vor einigen Monaten stiegen die Chinesen in Ungarn ein, jetzt könnte es in Italien ähnlich laufen. Rom hat die Regierung in Peking um den Ankauf von Staatsanleihen gebeten, berichtet die Financial Times. Das italienische Finanzministerium bestätigte, dass Gespräche zwischen Finanzminister Giulio Tremonti und dem Chef des staatichen chinesischen Investmentfonds CIC, Lou Jiwei stattgefunden hätten, machte aber keine Angaben zu deren Inhalten.

Für Premier Silvio Berlusconi wird es eng, auch weil das Land die Staatsschulden kaum mehr in den Griff bekommt. (Foto: AP)

In Regierungskreisen hieß es allerdings, beim jüngsten Treffen mit Vertretern Chinas sei es um die Beteiligung der aufstrebenden Wirtschaftsmacht an der italienischen Industrie gegangen, "nicht um den Ankauf italienischer Staatsanleihen".

Jedenfalls sollen nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg bei den Gesprächen der Chinesen mit Tremonti auch Vertreter der Cassa Depositi e Prestiti teilgenommen haben - einer staatlichen Institution, die für den Zugang von ausländischen Investoren zu strategischen Beteiligungen in Italien zuständig ist.

Die FT hatte unter Berufung auf italienische Regierungskreise berichtet, dass sich eine von Jiwei angeführte Delegation vergangene Woche unter anderem mit Tremonti in Rom getroffen habe. Bereits vor zwei Wochen hätten italienische Regierungsvertreter in Peking Gespräche beim Staatsfonds CIC sowie einer Behörde für die Verwaltung der chinesischen Devisenreserven geführt. China verfügt derzeit über Reserven im Volumen von etwa 3,2 Billionen Dollar.

Italien ist - gemessen an den Maastricht-Kriterien - das am zweithöchsten verschuldete Land der Europäischen Union - die Staatsverschuldung liegt mit knapp zwei Billionen Euro bei 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Zum Vergleich: Für Deutschland, das ebenfalls mit rund zwei Billionen Euro in der Kreide steht, liegt die Kennziffer bei 80 Prozent. Zulässig sind 60 Prozent.

Land steht unter enormen Druck

Da auch die Ratingagenturen Italien kritisch beobachten, steht das Land unter enormem Druck, Reformen auf den Weg zu bringen, zu sparen und Investoren nach Italien zu locken. Erst vor wenigen Tagen stimmte der römische Senat den milliardenschweren Sparplänen der Regierung zu. Mit 54 Milliarden Euro soll der Haushalt bis 2013 entlastet und ausgeglichen werden. Doch die Sparbemühungen stoßen auf großen Widerstand in der Bevölkerung. In der vergangenen Woche organisierte der italienische Gewerkschafsverband CGIL einen ganztägigen Generalstreik.

Europa in der Krise
:Rettet China den Euro?

China verfügt über enorme Geldreserven - und unterstützt mittlerweile zahlreiche Länder in Europa. Etwa durch den Kauf von Staatsanleihen oder durch Investitionen. Erst am Wochenende versprach Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao Ungarn erhebliche finanzielle Unterstützung. Was China in Europa tut - ein Überblick.

Frisches Geld - egal in welcher Form - kann in einer solchen Situation nur hilfreich sein. Die Regierung in Peking hatte bereits im April signalisiert, verstärkt Schulden der unter Druck geratenen Euro-Länder aufkaufen zu wollen. Genaue Zahlen sind allerdings nicht bekannt. Die Volksrepublik hatte allerdings angegeben, schon Milliarden in Euro-Staatsanleihen investiert zu haben. Das umfangreiche Engagement setzt aber auch China unter Druck. Weil inzwischen Schätzungen zufolge ein Viertel der chinesischen Währungsreserven in Euro-Anleihen investiert sind, haben chinesische Politiker wiederholt ihre Unterstützung für die von der Schuldenkrise gebeutelte Währungsregion bekundet.

Über den Staatsfonds versucht China, seinen Einfluss in der Welt auszuweiten. Der Fonds hält auch Anteile vieler deutscher Firmen.

Die Meldung sorgte an der Wall Street kurz vor Handelsschluss für Gewinne bei den wichtigsten Indizes. Auch die japanische Börse legte zu und der Euro landete deutlich im Plus.

Doch die Freude währte nur kurz: Im Tagesverlauf rutschten die Börsen wieder ab, der Dax fiel erneut unter 5000 Zähler. Zu unsicher schien den Anlegern das Interesse Chinas zu sein - und zu groß ist die Sorge, dass Frankreichs Banken schon bald auf staatliche Hilfe angewiesen sein könnten.

Nach dem Einstieg in Ungarn hatte Ministerpräsident Viktor Orbán von Hilfe in "historischer" Größenordnung gesprochen. Ungarn ziehe den Hut vor China - Pekings "phantastisch erfolgreiche Politik" gebe auch Ungarn Hoffnung. Gut möglich, dass Rom bald ähnliche Töne anschlägt.

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