EU: Rettung von Griechenland:Zu viel gedacht, zu wenig gemacht

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Die Finanzminister haben über Griechenland diskutiert. Sie wollten Stärke demonstrieren - und zeigen nur, wie schwach sie sind.

Hans von der Hagen

Wer wissen will, was Kraftlosigkeit ist, der muss nur auf die gemeinsame Erklärung der Euro-Finanzminister zu Griechenland schauen. Da ist zu lesen, dass die Eurogruppe fest an die Erfolge des griechischen Sparprogramms glaubt, ganz fest. Und falls es doch nicht klappt, würden die Euro-Mitgliedsstaaten entschlossen und koordiniert handeln.

Fast genauso hatte sich das schon im Februar angehört. Neu ist, dass die technischen Modalitäten für eine Nothilfe festgelegt wurden. Nun ließe sich einwenden, das sei ja eine gute Botschaft: Griechenland kommt allein zurecht, und die EU steht parat.

Das Land am Mittelmeer, in der Antike eine Großmacht, hat offiziell tatsächlich noch nicht um finanzielle Unterstützung gebeten. Dumm nur, dass längst die Summe kolportiert wird, die Griechenland voraussichtlich bald benötigt - mindestens 25 Milliarden Euro.

Warum also macht man in der EU nicht reinen Tisch? Die Antwort ist ganz einfach: Weil Europa das in diesem Fall nicht schafft.

Erstens: Aus politischen Gründen. Politiker glauben, dass finanzielle Hilfen an Griechenland dem eigenen Volk nicht vermittelbar seien. Zweitens: Aus regulatorischen Gründen. Die Euro-Mitgliedsländer haften nun mal nicht gegenseitig für ihre Schulden. Drittens: Aus psychologischen Gründen. Keinesfalls will die EU einen Präzidenzfall schaffen, der den Finanzmärkten signalisiert, dass die spekulative Attacke gegen einen Euro-Mitgliedsstaat eine sichere Rendite abwirft. Und schließlich, viertens, aus Prinzip: In Europa wird nun mal diskutiert, bevor irgend etwas passiert.

Dahinter steckt ein Paradoxon: Da wird endlos über die Stärke Europas debattiert, die in einem Europäischen Währungsfonds ihren Ausdruck finden soll - doch die endlose Debatte zeugt nur von Schwäche.

Dass es viel wichtiger sein kann, schnell zu handeln als in allen Details ausgereift, hat die Finanzkrise gezeigt. Da wuchs selbst in Europa der Mut, auch mal unorthodoxe Methoden zu probieren - mit großem Erfolg.

Jetzt würde ein entschlossenes, transparentes Vorgehen der EU weit mehr zum Standing Europas beitragen als ein neuer Währungsfonds, der Griechenland irgendwann vielleicht einmal sehr teuer und rein europäisch rettet.

Die EU müsste noch nicht einmal unorthodox vorgehen, sondern könnte das tun, was sie außerhalb der Eurozone ohne langes Federlesen gemacht hat. Sie hat auf das bestehende Instrumentarium gesetzt und klamme Staaten wie Ungarn gebeten, sich Kredite zügig beim Internationalen Währungsfonds zu besorgen.

So gesehen wäre auch die größte europäische Sorge - dass ein Land auf Kosten des anderen leben könnte - nicht berechtigt. Das Regime des Währungsfonds ist derart unangenehm, dass kein Staat gern die Hilfe des IWF in Anpruch nimmt.

Griechenland ist nicht Ungarn, heißt es in der EU. Warum? Nur weil Griechenland den Euro hat?

Beide Länder haben über ihre Verhältnisse gelebt, beide Länder haben wenig Reserven, beide Länder müssen sparen. Wer sich anschaut, in welch kurzer Zeit Ungarn mit Hilfe des IWF wieder Ordnung in seinen Haushalt gebracht hat, der weiß: Europa hat im Fall von Griechenland schon viel zu viel Zeit verschenkt.

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