Deutsche Bundesbank:"Der ist kein Partei-Fuzzi"

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Heftig wird über die Nachfolge des zurückgetretenen Thilo Sarrazin im Bundesbank-Vorstand debattiert. Nun gibt es einen ersten Favoriten: Hans-Helmut Kotz.

Helga Einecke, Frankfurt

Am Tag nach dem Rücktritt von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Hans-Helmut Kotz, 53, als dessen Nachfolger gehandelt. Den Vorschlag für die offene Stelle bei der Bundesbank dürfen die Bundesländer Rheinland-Pfalz und das Saarland machen. In Mainz regiert die SPD, im Saarland führt dagegen eine Jamaika-Koalition die Regierungsgeschäfte. Aus der Mainzer Staatskanzlei war zu hören, Kotz genieße einen "ausgezeichneten Ruf". Es gebe aber noch keine Entscheidung.

Hans-Helmut Kotz: Für die Bundesbank wäre er ein Altbekannter - er saß schon einmal im Vorstand der Zentralbank. (Foto: dpa)

Ein Mann für Weber

Kotz ist für die Bundesbank ein Altbekannter. Er war bereits von 2002 bis zum Mai dieses Jahres Vorstandsmitglied, musste seinen Posten dann aber räumen, weil sein Vertrag ablief. Er erfüllt für sein Comeback drei wichtige Voraussetzungen. Erstens stammt er aus Rheinland-Pfalz, wurde in Röhl in der Eifel geboren, ging in Bitburg zur Schule und studierte in Mainz.

Zweitens steht er der SPD nahe. Drittens gilt er als ein Finanzfachmann globalen Zuschnitts. In der Bundesbank verantwortete er zuletzt den Bereich Finanzstabilität, den inzwischen der ehemalige Banker Andreas Dombret übernommen hat. Mit Bundesbankchef Axel Weber kam Kotz gut klar, weil beide wissenschaftlich orientiert sind und über die Grenzen von Deutschland hinaus anerkannt sind für ihre Kompetenz.

Es gab auch Spekulationen, der Posten von Sarrazin würde nicht mehr besetzt, weil seine Ressorts inzwischen auf die übrigen fünf Vorstandsmitglieder verteilt sind und es ohnehin zu viele Vorstände bei der Bundesbank gebe. Solche Überlegungen sind nach Angaben aus Bundesbankkreisen vom Tisch. Dazu müsse das Gesetz geändert werden, was die unabhängige Bundesbank auch nicht unbedingt anstrebt.

Im Streit um die Abberufung Sarrazins geriet die Praxis unter Beschuss, die Vorstandsmitglieder der Bundesbank nach Parteienproporz und nicht nur nach fachlicher Eignung auszuwählen. Drei Posten dürfen umschichtig die Bundesländer, drei Posten die Regierung besetzen. Über Kotz war aus der Bundesbank zu hören: "Der ist kein Partei-Fuzzi". Im Vorstandsgremium habe er sachlich argumentiert, keineswegs Partei-Positionen vertreten.

© SZ vom 11.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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