Betriebsrenten:Wenn die Quelle versiegt

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Und plötzlich kommt kein Geld mehr: Betriebsrenten sollten eigentlich sicher sein, auch wenn ein Unternehmen insolvent geht - oft bleibt das nur schöne Theorie.

Joachim Merkl

Bundesweit sind rund zehn Millionen Ruheständler auf ihre Betriebsrenten angewiesen. Um so schwerer wiegt es, wenn die Zahlungen des Ex-Arbeitgebers plötzlich ausbleiben. Holger Neumann (Name geändert) erinnert sich: "Niemals hätte ich geglaubt, dass ich eines Tages ohne meine Betriebsrente auskommen muss", erzählt er. "Immer wieder hat man uns erzählt, dass die Betriebsrente auch dann sicher sei, wenn die Ex-Firma zahlungsunfähig würde."

Wie sicher ist die Rente? Mit der Zahl der Firmenpleiten wachsen auch die Probleme vieler Ruheständler. (Foto: Foto: AP)

Für solche Fälle gibt es den Pensionssicherungsverein (PSV). Als aber Neumanns Ex- Firma tatsächlich Pleite ging, merkte Neumann schnell, dass seine Betriebsrente keineswegs sicher ist. Bereits seit Monaten bekommt er kein Geld mehr. Ihm und seiner Familie fehlen dadurch monatlich 900 Euro in der Haushaltskasse.

Die Betriebsrenten sind sicher - auf dem Papier

Mit der Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland steigt somit auch das Risiko für die Ex-Arbeitnehmer, die Betriebsrente vorübergehend zu verlieren. Zwar sind die gezahlten Beiträge und die Betriebsrenten gesichert - manchmal aber nur auf dem Papier.

Davon kann Heinz Ullrich aus dem hessischen Dautphetal berichten. Als ehemaliger Mitarbeiter der Gießerei Buchenau bezieht er eine Betriebsrente. Als die Firma im Frühjahr 2007 finanzielle Probleme bekommt, stellt die betriebliche Unterstützungskasse die Rentenzahlungen ein.

Außer Heinz Ullrich sind 70 weitere Betriebsrentner betroffen. Als das Unternehmen Anfang Juli Konkurs anmeldet, glaubt der Betriebspensionär an eine schnelle Klärung. Schließlich können seine Rentenansprüche längst nicht mehr verfallen.

Doch heute ist er klüger: "Damals verging viel Zeit, bis das Konkursverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter aktiv wurde", sagt Ullrich. Zu viel Zeit, wie sich heraus stellen sollte. Sechs Monatsrenten sind für ihn unwiderbringlich verloren. Inzwischen stellt der PSV die monatlichen Zahlungen sicher. Die finanziellen Verluste für Ullrich entstanden, weil der PSV nicht für die ausstehenden Zahlungen der Gießerei aufkam.

Denn der Verein übernimmt nur dann die Betriebsrenten, wenn für eine Firma das Insolvenzverfahren eröffnet wird. In diesem Fall zahlt der PSV die Betriebsrenten - allerdings nur bis zu sechs Monaten rückwirkend. Der Kölner Anwalt Hans-Eduard Hille fordert daher nachdrücklich, entweder die Verfallsfrist von sechs Monaten komplett zu streichen oder zumindest anzuheben. "Nur so kann verhindert werden, dass es zu einem Glücksspiel wird, ob jemand rückständige Betriebsrente bekommt oder nicht."

Für Negativ-Schlagzeilen sorgte der Autozulieferer Ymos AG im hessischen Obertshausen. Als die Firma in Zahlungsschwierigkeiten geriet, stellte sie die Rentenzahlungen an 1800 Betriebspensionäre ein. Daraufhin organisierten sich viele Ymos-Pensionäre und klagten. Die meisten haben ihre Prozesse gewonnen und die rückständige Rente bekommen. Dennoch ist der Kampf ums Geld noch nicht völlig ausgestanden. Gegen zahlreiche Urteile hat Ymos Berufung eingelegt.

Aus Unkenntnis auf viel Geld verzichtet

Doch auch wenn ein Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen pünktlich und dauerhaft nachkommt, bedeutet das nicht, dass er die Betriebsrenten stets in voller Höhe zahlt. Aus Unkenntnis verzichten viele Ruheständler auf viel Geld, das ihnen zusteht.

Denn viele Firmen passen die Betriebsrenten nicht dem Verlust der Kaufkraft an, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. In diesen Fällen zahlt sich Hartnäckigkeit aus, sagt Hille: "Pensionäre, deren Betriebsrente länger als drei Jahre nicht geprüft und angemessen erhöht wurde, sollten die Ex-Firma schriftlich dazu auffordern."

In dem Schreiben sollte der Betriebspensionär darauf hinweisen, dass der Ex-Arbeitgeber laut Paragraf 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) verpflichtet ist, die Höhe der Betriebsrenten alle drei Jahre zu überprüfen und anzupassen. Eine Erhöhung der Betriebsrente ist angesagt, wenn anhand des Lebenshaltungskosten- oder Verbraucherpreisindex' des Statistischen Bundesamts für die zurück liegenden drei Jahre ein Kaufkraftverlust festgestellt werden kann.

© SZ vom 6.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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