Der Trend ist noch jung, doch er hat die Finanzbranche schon kräftig durcheinander gewirbelt. Im Jahr 2014 startete in Deutschland der erste "Robo-Advisor", ein englischer Ausdruck, der sich mit "Anlageroboter" übersetzen lässt. Es handelt sich um junge Firmen, die das Geld von Anlegern automatisch über Algorithmen an den Finanzmärkten investieren. Menschen programmieren zwar noch die Algorithmen, doch am eigentlichen Geldanlage-Prozess sind sie nicht mehr beteiligt. Das erledigt der Roboter.
Die Digitalisierung hat damit auch die Welt der Geldanlage erreicht. Die Idee wurde von traditionellen Banken anfangs noch skeptisch beäugt. Inzwischen aber räumen ihr Experten großes Zukunftspotenzial ein, auch wenn die Summen, die Robo-Advisors in Deutschland verwalten, noch überschaubar sind. Mehr als 20 Anbieter gibt es mittlerweile, und der Markt ist stark in Bewegung.
Drei Anbieter, eine Aufgabe
Weil alles automatisiert und nicht so arbeitsintensiv ist wie klassische Vermögensberatung, können Robo-Advisors ihren Service auch für geringe Investitionssummen anbieten. Der Mindestanlagebetrag liegt häufig bei 2500, 5000 oder 10 000 Euro. Bei Vermögensverwaltungen müssen Anleger dagegen oft eine halbe oder eine Million Euro mitbringen. Vermögensverwaltung für den kleinen Mann - so etwas gibt es in Deutschland bislang nicht, deshalb trauen Fachleute Anlagerobotern viel zu.
Um einen Eindruck zu vermitteln, wie die Robo-Advisors arbeiten, testete die SZ drei Anbieter mit einer konkreten Aufgabe: Wie würden sie einen Betrag von 30 000 Euro anlegen? Dabei ist der Test-Anleger 40 Jahre alt, hat ein frei verfügbares Vermögen von 100 000 Euro und will das Geld langfristig für seine Altersvorsorge investieren, die Laufzeit soll mindestens 20 Jahre betragen. Seine Risikotoleranz liegt im mittleren Bereich: Er will einerseits die Chancen nutzen, die der Aktienmarkt bietet, sich andererseits aber gegen zu hohe Verluste schützen.
Die getesteten Robo-Advisors sind Scalable Capital, Visualvest und Quirion. Scalable, ein Fintech-Unternehmen, war einer der ersten Anbieter in Deutschland und ist inzwischen zum Marktführer aufgestiegen. Visualvest ist eine Tochter von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken. Quirion ist der Robo-Advisor der Quirin-Bank, die auf Honorarberatung spezialisiert ist.
Automatische Überwachung der Depots
Das Anmeldeprozedere läuft bei allen drei Anbietern gleich ab: Der Anleger beantwortet eine Reihe von Fragen, die seine Erfahrungen mit Finanzprodukten und seine Risikobereitschaft ermitteln. Danach wird er auf einer Skala von "sehr risikoorientiert" bis "wenig risikoorientiert" eingestuft. Scalable arbeitet mit der Risikokennziffer "Value at Risk", der Test-Anleger wird bei einem Wert von 20 eingestuft, was bedeutet, dass sein Depot mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht mehr als 20 Prozent im Jahr verliert. Visualvest verfolgt sieben einzelne Strategien, der Aktienanteil kann dabei von 5 bis 75 Prozent reichen. Bei Quirion sind es elf einzelne Depots mit einer Aktienquote von 0 bis 100 Prozent; das Depot des Test-Anlegers setzt sich zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus Anleihen zusammen.
Die Robo-Advisors überwachen automatisch die Depots ihrer Anleger und schlagen Alarm, wenn eine bestimmte Risiko-Schwelle überschritten wird. Scalable rühmt sich, dass seine Systeme dies permanent tun, andere Anlageroboter passen die Depots viertel- oder halbjährlich an die Marktlage an.
Die drei Beispiele unten zeigen, wie die Robo-Advisors das Geld des Test-Anlegers konkret verteilen. Dabei arbeiten alle mit ETFs, das sind an der Börse gehandelte Indexfonds, die einen bestimmten Index eins zu eins abbilden. Das kann zum Beispiel der Deutsche Aktienindex (Dax) sein, in dem die 30 größten Aktiengesellschaften Deutschlands notiert sind.
Es gibt Indizes für alle Märkte und Anlageklassen, ob Aktien, Anleihen oder Rohstoffe. Die Robo-Advisors arbeiten deshalb mit ETFs, weil sich ein Depot damit einfach auf verschiedene Märkte und Anlageklassen aufteilen lässt. Außerdem sind ETFs günstig, die geläufigsten kosten im Jahr nur noch eine Jahresgebühr von 0,06 Prozent der Anlagesumme. Aktiv gemanagte Fonds verlangen dagegen oft ein Prozent und mehr.
Bislang keine richtige Bewährungsprobe
Das EXtra-Magazin, eine Publikation des ETF-Spezialisten Isarvest, testete vor knapp einem Jahr alle 16 Robo-Advisors, die damals in Deutschland auf dem Markt waren. Das Ergebnis war positiv: "Kein Anbieter fiel durch, alle erhielten mindestens die Note gut", sagt Franz Rieber, der den Test konzipierte. Das heißt, dass alle Angebote seriös sind, was die Anlagestrategie betrifft. Fünf Anbieter erhielten die Note sehr gut, darunter auch die drei getesteten Robo-Advisors Scalable, Visualvest und Quirion, außerdem Fintego und Growney.
Experte Rieber gibt allerdings zu bedenken, dass es für die Anbieter bisher keine richtige Bewährungsprobe gab. "Die Aktienmärkte entwickeln sich seit Jahren positiv, ob die Risikomodelle der Robo-Advisors wirklich funktionieren, zeigt sich erst, wenn die Aktienkurse in einem Jahr einmal deutlich fallen", sagt er. Nach dem Einbruch an den Börsen vor zwei Wochen könnte das Jahr 2018 zu einer solchen Nagelprobe werden. Denn was die Risikomodelle der Anbieter taugen, zeigt sich erst, wenn sie die Anleger im Abwärtsstrudel vor hohen Verlusten schützen.
Deshalb ist es keine große Kunst, dass die Wertentwicklung bei allen deutschen Robo-Advisors in der Vergangenheit positiv war. Die konservativeren Depots brachten 2017 eine Rendite von bis zu drei Prozent pro Jahr, bei den risikoorientierten waren es bis zu zehn Prozent. "Allerdings sind die Daten zur Wertentwicklung in der Branche mit Vorsicht zu genießen, weil die Bewährungsprobe aussteht und die meisten nur auf eine Historie von ein oder zwei Jahren zurückblicken können", sagt Rieber.
Bei der Anlagestrategie und der Auswahl der Produkte machen alle Anbieter einen guten Job, attestierte das EXtra-Magazin. Das einzige Kriterium, bei dem sich die Robo-Advisors deutlich unterscheiden, ist die Höhe der Gebühren. Deshalb empfiehlt Rieber Anlegern, darauf besonders zu achten. Sie sollten schauen, wie hoch die Grundgebühr ist, welche Gebühren für die Produkte dazu kommen und vor allem, ob es eine so genannte Performance-Gebühr gibt, also einen Anteil, den der Anbieter vom Wertzuwachs noch zusätzlich einbehält. "Das kann in guten Jahren sehr teuer werden", sagt der Experte.