Tiere:Immer weniger Kaninchenzüchter in Thüringen

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Ein Kaninchen der Rasse „Marburger Feh“ in seinem Käfig auf der 36. Bundeskaninchenschau 2023. (Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Kaninchen gelten als Fruchtbarkeitssymbol. Doch der Wildbestand ist gefährdet und auch in der Rassenzucht gibt es Entwicklungen, die die Mehrung erschweren.

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Rudolstadt/Erfurt (dpa/th) - Vor allem die demografische Entwicklung hat sich auf die Zahl von Rassekaninchenzüchtern in Thüringen ausgewirkt. Mit Blick auf die Überalterung sinke die Zahl der Züchter stetig, sagt der Vorsitzende des Thüringer Landesverbands der Rassekaninchenzüchter, Peter Pabst, auf Anfrage. „In den vergangenen 15 Jahren haben wir rund 600 Mitglieder verloren.“ Zudem sorgten teils immens steigende Kosten und immer strengere Gesetzesvorgaben dafür, dass immer mehr Menschen ihr Hobby an den Nagel hängen müssten. Aktuell seien im Landesverband 4000 Züchter in 324 Vereinen und 21 Kreisverbänden organisiert. Der Trend gehe bei Züchtern wieder stärker zu großen Rassen wie „Blauen Wienern“ oder „Deutschen Riesen“, nur bei Jugendlichen seien Zwergrassen weiterhin beliebt, so Pabst.

Zucht mit einigen Kosten verbunden

Durch die Krisen und die Inflation seien nicht nur Energie und Lebensmittel für Menschen teurer geworden, auch bei Tierfutter seien die Preise schmerzhaft angestiegen. „Gerade für junge Menschen oder Senioren mit knapper Rente wird das Hobby dann schnell unerschwinglich“, meint Pabst. Hinzu kämen gestiegene Tierarztkosten und hohe Preise für Impfstoffe. In den vergangenen Jahren hatten Kaninchenseuchen bei ungeimpften Tieren immer wieder zu hoher Sterblichkeit geführt.

Die Impfpreise selbst seien in den vergangenen Jahren stark angestiegen: So hätten Züchter Pabst zufolge in den vergangenen Jahren pro Impfdosis im Schnitt zwischen 1,50 und 2,50 Euro zahlen müssen. Nun reichten die Kosten - ja nach Tierarzt und Region - von vier bis 25 Euro. „Besonders der Umstand, dass die Preise für die gleichen Impfstoffe in anderen EU-Ländern deutlich niedriger sind als in Deutschland, ist nicht nachvollziehbar“, kritisiert Pabst. Die Selbstverpflichtung des Verbands zum Impfen sei inzwischen in eine Impfempfehlung abgewandelt worden. Eine Impfpflicht wie bei anderen Nutztierrassen gebe es bisher nicht.

Zucht für Erhalt alter Rassen

Dabei seien Kaninchen deutlich mehr als reine Kuscheltiere, betont Pabst: Nach wie vor spielten Kaninchen als Nutztiere zur eigenen Fleischgewinnung eine wichtige Rolle. Zudem gehe es um den Erhalt alter, vom Aussterben bedrohter Rassen. So werden etwa das „Marderkaninchen“, der „Englische Widder“ und das „Fuchskaninchen“ auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen als extrem gefährdet eingestuft. „Japaner“ und „Luxkaninchen“ gelten ebenso wie der „Meißner Widder“ oder das „Angorakaninchen“, aus dessen Fell Wolle gewonnen wird, als stark gefährdet. Pabst zufolge stehen etwa ein Dutzend Kaninchenrassen vor dem Aussterben.

Zu lange Ohren: Streitthema „Qualzucht“

Überschattet wird die Entwicklung von der Auseinandersetzung um die sogenannten Qualzuchten, die bei betroffenen Tieren zu Schmerzen, Leiden und Schäden führen können. So wurden Merkmale wie übermäßig lange Schlappohren oder Zwergwuchs bereits 1999 in einem Sachverständigen-Gutachten zum Verbot von „Qualzüchtungen“ kritisiert. Manche Tierschützer fassten diesen Begriff noch deutlich weiter. Diese Zuschreibung könnte letztlich das Ende der Rassekaninchenschauen in Deutschland bedeuten, fürchtet Pabst. Im aktuellen Referentenentwurf des neuen Bundes-Tierschutzgesetzes ist ein komplettes Verbot der Ausstellung solcher Tiere mit „Qualzucht“-Merkmalen geplant. Pabst hat Bedenken, dass sehr weit gefasste Verbote für viele Züchter zum ausschlaggebenden Argument werden, ihr Hobby ganz aufzugeben. Hinzu komme der Vorwurf der Tierquälerei durch die Zucht und Zuchtbedingungen. Eine Vielzahl der Vorwürfe seien aber haltlos, so Pabst.

Wildkaninchen stark gefährdet

Probleme gibt es indes nicht nur bei Zuchtkaninchen, sondern auch bei deren wild lebenden Verwandten: Während sich die Wildhasenpopulation im Freistaat laut Landesjagdverband auf einem niedrigem, aber konstant niedrigen Niveau befindet, werden Wildkaninchen dem Umweltministerium zufolge in der aktuellen Thüringer Roten Liste weiterhin als stark gefährdet eingestuft.

© dpa-infocom, dpa:240327-99-479003/3

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