Gesundheit - Gifhorn:Rucksack voller Technik: Pfleger sollen Hausärzte entlasten

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Gifhorn (dpa/lni) - Sie haben Tablets und Messgeräte im Rucksack - im Auftrag des Arztes sollen Pfleger zu Patienten fahren und so die Praxen vor allem auf dem Land entlasten. Ein entsprechendes Modellprojekt besuchte Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann am Freitag in Gifhorn. "Unser Ziel ist es, die ambulante medizinische Versorgung gerade in den ländlichen Regionen zu verbessern", sagte die SPD-Politikerin.

Es handelt sich nach Angaben des Ministeriums um das erste Telemedizin- und Telepflegeprojekt Niedersachsens. Seit Mitte des Jahres fahren täglich bis zu fünf extra geschulte examinierte Pflegekräfte zu den Patienten der Gifhorner Praxis. Sie übernehmen dort Aufgaben wie Blutdruck zu messen, EKG schreiben oder Wunden versorgen. Durch die schwieriger werdende ärztliche Versorgung in der Fläche sind Hausbesuche nach Ministeriumsangaben häufig nur bei akuten Problemen möglich. Für Reimann hat das Projekt Zukunftscharakter, weil Patienten und Praxen profitierten.

Die Projektpartner geben sich schon jetzt überzeugt: Es handele sich um einen Beitrag zur ambulant ärztlichen Versorgung auf dem Land. Deshalb werde das Angebot auch in den Leistungskatalog aufgenommen, sagte Jan Seeger aus dem Vorstand der AOK Niedersachsen. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) sieht Vorteile. Während Lebensalter und Lebenserwartung stetig steigen, seien die ländlichen Regionen für Hausärzte immer weniger attraktiv. "Schwierigkeiten in der Nachbesetzung der Arztpraxen stellen ein zunehmendes Problem dar", sagte KVN-Detlef Haffke.

"Die neuen Aufgaben bieten für die Attraktivität der ambulanten Pflege neue Möglichkeiten", sagte die Geschäftsführerin des Pflegedienstes in Gifhorn, Bettina Tews-Harms. Derzeit liege die Arbeitszeit oft in den Morgen- und Abendstunden, was unattraktive Dienste bedeute. Die Leistungen seien körperlich auch nicht so anstrengend, was die ambulante Pflege aufwerte.

Weil Doppelstrukturen vermieden würden, unterstützt auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) das Projekt. Patienten, die die Praxen nicht aufsuchen könnten, seien oft auch pflegebedürftig, sagte Henning Steinhoff, bpa-Geschäftsstellenleiter in Niedersachsen. Seiner Meinung nach profitieren Pflegedienste und Ärzte von einer schnellen schriftlichen Kommunikation oder per Video.

Sollte sich der Versuch bewähren, strebt die Landesregierung eine Ausweitung ab 2021 an. Finanziert wird das Projekt nach Ministeriumsangaben mit rund 80 000 Euro bis Ende 2020 über die niedersächsischen Gesundheitsregionen. Von mehreren Partnern werden dabei Vorhaben unterstützt, die eine bedarfsgerechte und möglichst wohnortnahe Gesundheitsversorgung zum Ziel haben. Aktuell werden 31 Gesundheitsregionen gefördert, an denen 38 Landkreise und kreisfreie Städte beteiligt sind.

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