Zehnjähriger Rechtsstreit:Google darf Millionen Bücher scannen - endgültig

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  • Der Oberste Gerichtshof der USA lehnt es ab, über Google Books zu beraten - damit gilt die Entscheidung der Vorinstanzen.
  • Google darf demnach Bücher ohne Erlaubnis digitalisieren, weil es dem Prinzip des "Fair Use" entspricht.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

2004 begann Google damit, Millionen Bücher aus US-Bibliotheken zu digitalisieren. Google Books war eines der ersten Großprojekte des Konzerns und zog eine der ersten Grundsatz-Klagen nach sich: 2005 zog die Autorenvereinigung "Authors Guild" gegen den Konzern vor Gericht.

Nun ist der Fall nach mehr als zehn Jahren geklärt: Die Scans sind legal, Google Books bleibt. Der Oberste Gerichtshof der USA entschied am Montag, die Entscheidung der Vorinstanzen nicht auf mögliche Verfassungsfragen zu prüfen. Damit bleibt das Urteil eines Bundesgerichts aus dem Herbst vergangenen Jahres rechtskräftig, das die Rechtmäßigkeit der Digitalisierung bestätigt hatte.

Die Entscheidung stärkt in den USA das Prinzip des "Fair Use", das die Nutzung von Werken Dritter auch ohne deren Zustimmung erlaubt. Voraussetzung ist, dass die herkömmliche Verwertung eines Werkes nicht bedroht wird, die Nutzung einem öffentlichen Interesse dient und aus dem "Zitat" ein neues Werk entsteht ("Transformation").

Richter: Bücher lassen sich nicht "zusammengoogeln"

"Fair Use" wird weit großzügiger als das deutsche Zitatrecht ausgelegt und hat zur Blüte der Meme- und Remix-Kultur beigetragen, in der Internetnutzer bekannten Fotos einen neuen Kontext geben oder sie verändern. In der Klage ging es um die Frage, ob auch bei Google Books das Prinzip des "Fair Use" gegeben ist und der Konzern Verlage und Autoren nicht um Erlaubnis fragen muss, bevor er die Werke per Texterkennung digitalisiert.

Um die "ursprüngliche Verwertung" gemäß der Regelung nicht zu gefährden, zeigt Google in seinen Suchergebnissen nur Ausschnitte der Werke an. Die Gerichte folgten deshalb auch nicht der Argumentation der "Authors Guild", dass sich jemand ein Buch""zusammengoogeln" kann und deshalb auf den Kauf verzichtet.

Zudem blendet die Firma keine Anzeigen neben den Inhalten ein, monetarisiert die digitalisierten Texte also nur insoweit, als die Google-Suchmaschine eine weitere (Such-)Funktion hat (und die Anfragen dort gespeichert und ausgewertet werden).

Suchfunktion als neue Buchfunktion

Kniffliger ist die Frage nach der "Transformation" zu beantworten: Google fügt den Büchern kein Wort hinzu oder kommentiert ihren Inhalt, die Firma digitalisiert Texte. Die Richter in den vorigen Instanzen interpretierten dies dennoch als "Fair Use", weil im digitalen Zeitalter den Büchern mit der Durchsuchbarkeit nach Worten, Ausdrücken oder Zitaten quasi neue Funktionen hinzugefügt wurden.

"Der Zweck des Kopierens ist höchst transformativ, die öffentliche Sichtbarkeit des Textes ist beschränkt und das Gezeigte ist kein ausreichender Markt-Ersatz für die geschützten Aspekte des Originals", heißt es etwas umständlich in der Begründung des Berufungsgerichts aus dem vergangenen Herbst, die über die Einwände der Autoren-Vereinigung verhandelte. Einer der drei Richter war Pierre Leval, der bekannt dafür ist, dem Fair-Use-Prinzip im Urheberrecht immer wieder zur Geltung zu verschaffen.

Mit den amerikanischen Verlegern hatte sich Google 2012 bereits in einem Vergleich geeinigt. Seitdem zeigt Google nur noch bis zu 20 Prozent eines Textes an und verkauft die Digitalversionen der Bücher teilweise in seinem Play Store.

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