Wettbewerb für Telefonkonzerne:Die Nummer zum Glück

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Angriff auf den Thron der Web-Telefonie: Das erfolgreiche Online-Netzwerk Facebook verspricht einfache und kostenlose Gespräche über das Internet. Und macht damit vor allem Skype Konkurrenz.

Johannes Boie

Es gibt eine neue Konkurrenz für Telekommunikationskonzerne: Künftig können Nutzer des weltweit größten Online-Netzwerks Facebook miteinander telefonieren. Wie das rasant wachsende Unternehmen am Mittwoch bekannt gab, hat es mittlerweile mehr als 300 Millionen Nutzer und arbeitet kostendeckend.

Der kleine amerikanische Softwarespezialist Vivox wird in den nächsten Wochen ein Zusatzprogramm für alle Facebook-Nutzer veröffentlichen. Wer die als Nutzer des sozialen Netzwerkes Facebook die Software per Mausklick aktiviert, kann in Echtzeit mit anderen Nutzern sprechen - über das Mikrofon und die Lautsprecher des eigenen Computers.

Kostenloser Zusatzservice

Das kleine Zusatzprogramm wird für alle Facebook-Mitglieder kostenlos sein. Nach der Installation können Nutzer auch von herkömmlichen Telefonen und Mobilfunkgeräten angerufen werden - Facebook wird dazu Telefonnummern an sämtliche Mitglieder des Netzwerkes verteilen. Die hohen Kosten für die dahinterstehende Technik könnte Vivox durch Werbung finanzieren, die in die Telefongespräche eingestreut wird.

Mit dieser Strategie zementiert Facebook die eigene Position als Marktführer im Bereich der sozialen Online-Netzwerke. Allein zwischen März und Juli 2009 stieg die Zahl der Nutzer nach Unternehmensangaben um 50 Prozent. Die Kalifornier erobern mittlerweile auch - fürs Internet eher untypisch - ältere Zielgruppen als die unter 25-Jährigen. Nutzer, die über 35 Jahre alt sind, bilden nach Angaben des Unternehmens die am stärksten wachsende Gruppe auf Facebook. Damit wird das Netzwerk für Werbekunden noch interessanter. Mittlerweile schreibt das Facebook sogar schwarze Zahlen, ein Jahr früher als vom Management geplant. Der Marktwert der Webseite wird derzeit mit bis zu 15 Milliarden Dollar bewertet.

Durch die Erweiterung des eigenen Angebotes auf Telefongespräche, expandiert Facebook erneut in fremde Geschäftsfelder. Die Kalifornier sind jetzt Konkurrenten klassischer Telefonanbieter, wie zum Beispiel der Telekom. Gleichzeitig greift Facebook den bisherigen Marktführer für das Telefonieren im Internet an: Skype. Die Nummer eins wird zu einem empfindlichen Zeitpunkt getroffen. Erst am zweiten September war bekanntgeworden, dass Skype vom Internet-Auktionshaus Ebay an eine Investorengruppe verkauft wird. Der Softwarespezialist wurde dabei nur mit 2,75 Milliarden Dollar bewertet - weit weniger als vor vier Jahren. Da war Skype noch 3,1 Milliarden Dollar wert.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Erfolgsstrategie Facebook verfolgt.

Hinzu kommt, dass Marktführer Skype von den Kunden verlangt, ein kleines Programm auf dem eigenen Rechner zu installieren. Nicht zuletzt deshalb war eine Kooperation auf technischer Ebene zwischen Skype und Facebook nie richtig erfolgreich. Das Angebot von Vivox soll dagegen wesentlich simpler funktionieren. Der Nutzer muss lediglich seine Facebook-Seite auf dem Computer geöffnet haben, eine Installation auf der eigenen Festplatte ist nicht notwendig.

Mit kleineren Spielereien zum Erfolg

Immerhin kann Vivox bei besonders einfach zu bedienenden Software-Lösungen für Gespräche zwischen zwei Nutzern auf die eigene Erfahrung bauen: Das Unternehmen hat bereits dafür gesorgt, dass die Stimmen von Spielern in Online-Spielen wie "Second-Life" in Echtzeit über die Internetleitung übertragen werden. Vivox verspricht deshalb einfache und qualitativ hochwertige Gespräche.

Sollte das Projekt von den Nutzern angenommen werden, ist das für Facebook erneut ein Triumph der Firmenstrategie. Im Mai 2007 entschied sich das Management dafür, die Webseite für kleine Spielereien von externen Programmierern zu öffnen. Mittlerweile haben Fans und Unternehmen rund 350.000 dieser kleinen Zusatzprogramme entwickelt. Somit kann Facebook seinen Nutzern stets neue Beschäftigungen und Abwechslungen auf der Webseite anbieten. Sie können zum Beispiel gegen Freunde pokern, Reiseziele vergleichen oder ihre Allgemeinbildung zu testen. Und in Zukunft eben auch: telefonieren.

© SZ vom 17.09.2009/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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