Umstrittenes Online-Spiel:Frauenprügeln als Aufklärung

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In einem Online-Spiel dürfen Internetnutzer eine Frau blutig schlagen. Was als Aufklärungskampagne einer dänischen Familieninitiative geplant war, sorgt im Netz für heftige Kritik.

Johannes Kuhn

Eine hübsche junge Frau lächelt auf dem Bildschirm. "Ich hatte einen tollen Abend", sagt sie, "und natürlich habe ich mit jemandem getanzt. Du hast nicht darüber zu bestimmen, mit wem ich tanze und mit wem nicht." Rap-Beats setzen ein, eine Hand erscheint vor ihr. Die Hand schlägt ihr ins Gesicht. Die Frau sagt etwas, doch die nächsten Schläge treffen sie bereits. Ihre Augen schwellen zu, ihre Wange verfärbt sich blau, blutige Schrammen werden erkennbar. Am Ende geht sie zu Boden und weint.

Online-Spiel "Hit the bitch": Die Aufklärungskampagne einer Familienorganisation ist umstritten (Foto: Screenshot: YouTube.com)

Die Szene stammt aus dem dänischen Online-Spiel " Hit the bitch", in dem der Internetnutzer per Mausbewegung eine Frau schlägt und mit jedem Treffer von der "Pussy" zum "Gangsta" aufsteigt. Bizarr: Es handelt sich um den Teil einer Kampagne des dänischen Verbands "Kinder und Jugendliche in gewaltgeprägten Familien". Am Ende hat der Schläger nicht gewonnen, sondern die Nachricht "100 % Gangsta, 100 % Idiot" erscheint.

Nach Angaben der Organisation befindet sich jede dritte Studentin in Dänemark in einer von psychischem Missbrauch oder Gewalt geprägten Beziehung. Doch die Kampagne, die eigentlich Bewusstsein für Beziehungsgewalt schaffen sollte, wird im Internet heftig kritisiert. "Menschen dazu zu ermutigen, das Bild einer Frau aus Spaß zu schlagen, scheint eine seltsame Art, um sie ernsthafter auf das Problem von Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen", schreibt die amerikanische Soziologin Gwen Sharp auf ihrem Blog.

"Die Kampagne war nur für Dänen gedacht"

Tim Nudd notiert auf dem Blog der Marketingseite AdFreak: "Vielleicht sollst Du Dich schuldig fühlen, wie ein echter Frauenschläger, weil Du weiter schlägst, nur um zu sehen, was passiert? Wer weiß? Vielleicht geht etwas bei der Übersetzung aus dem Dänischen verloren."

Dänische Internetnutzer haben die Übersetzung inzwischen ins Netz gestellt. Der Dialog scheint darauf abzuzielen, das Verhalten von gewalttätigen Männern in extremen Eifersuchtssituationen zu simulieren und den Spieler mit den Folgen von häuslicher Gewalt zu konfrontieren. Doch kann, was bei dem einen Entsetzen auslöst, bei einem anderen schlicht als Spielpaß gesehen werden oder die Hemmschwelle senken?

Die Debatte wird derzeit in Blogs und auf Twitter geführt. Der Verband "Kinder und Jugendliche in gewaltgeprägten Familien" scheint allerdings kein Interesse zu haben, an dieser Diskussion teilzunehmen. "Wir sprechen nicht mit Medien außerhalb Dänemarks über die Kampagne", gibt dort Kirsten Hermansen sueddeutsche.de zu Protokoll, "die Kampagne war nur für Dänen gedacht."

Folgerichtig erhalten inzwischen Nutzer außerhalb Dänemarks keinen Zugriff mehr auf das Spiel - aufgrund des "extrem hohen Internetverkehrs" auf der Seite, wie es heißt.

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