Surfen im Netz:Der Preis der Anonymität

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Während wir durch das Internet navigieren, hinterlassen wir fleißig Datenspuren. Unsichtbar zu surfen ist möglich - doch der Nutzer muss mit Einschränkungen leben. Lohnt sich der Aufwand?

Wer sich im Internet bewegt, hinterlässt Spuren. Und das nicht nur, wenn der Nutzer Einträge in Foren oder Online-Netzwerken wie Facebook veröffentlicht. Auch beim ganz normalen Surfen bleibt man in der Regel nicht gänzlich anonym.

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So können Website-Betreiber zum Beispiel erkennen, aus welcher Region die Besucher ihrer Seiten kommen, welchen Internet-Provider sie nutzen und ob sie schon einmal dort vorbei geschaut haben. Aber auch der verwendete Browser, das auf dem Rechner installierte Betriebssystem und andere technische Details der Computer ihrer Nutzer können die Webmaster prinzipiell einsehen. Auch die IP-Adresse ist für jeden Betreiber einer Website sichtbar.

Ist das denn nun so schlimm? Nach Meinung der Datenschützerin Sandra Mamitzsch sollte man im Internet möglichst anonym bleiben. "Es geht einfach niemanden etwas an, was man im Internet macht", sagt die Sprecherin des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Das gelte insbesondere, wenn sich jemand auf Seiten umschaut, in denen es beispielsweise um Aids- oder Schwangerschaftsberatung geht. Wege, wie die Website-Betreiber an Informationen kommen, gibt es viele. "Bei einem einzelnen Seitenaufruf werden oft Inhalte von vielen Anbietern gleichzeitig geladen, ohne dass der Nutzer das mitbekommt", erklärt Dennis Pietsch, der die Website anonym-surfen.com betreibt.

Das Werbebanner liest mit

In eine Website eingebundene Werbebanner, Videos und manchmal sogar Bilder lägen auf fremden Server, erklärt Pietsch: "Diese Server werden bei einem Seitenaufruf ebenfalls kontaktiert und können etwa die IP-Adresse erfassen."

Als Beispiel nennt Pietsch den Dienst Google Analytics: "Webmaster können diesen Dienst kostenlos benutzen, um die Daten ihrer Besucher auszuwerten." Kritisch sei dabei zu bewerten, dass die Daten zentral auf den Servern des Suchmaschinenkonzerns gespeichert würden. "Zudem nutzen etwa zwölf Prozent der de-Domains bereits Google Analytics."

Mit verschiedenen Techniken kann man sich davor schützen, im Internet allzu viel von sich preiszugeben. "Den optimalen Weg, anonym im Internet zu surfen, gibt es leider nicht. Alle haben Vor- und Nachteile", urteilt Holger Bleich, Redakteur der in Hannover erscheinenden Fachzeitschrift c't.

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So bieten inzwischen auch die gängigen Browser Einstellungen zum anonymen Surfen an. "Diese verhindern aber lediglich, dass das Surfverhalten auf dem eigenen Rechner gespeichert wird und Cookies gespeichert werden. Dass man beim Surfen im Internet Spuren hinterlässt, kann der Browser selbst nicht verhindern", sagt Bleich.

Eine weitere Möglichkeit sind Programme und Dienste, die den Internet-Verkehr über einen sogenannten Proxy-Server leiten. "Dabei ist auf den besuchten Websites immer nur die IP-Adresse dieses Proxy-Servers zu sehen", sagt Bleich.

Somit werde verhindert, dass etwa Webshops den Nutzer wiedererkennen. "Strafverfolgungsbehörden können im Zweifel doch noch an die Identität des Nutzer kommen, denn bei dem Proxy-Server liegen diese Daten ja vor."

Dass die Staatsanwaltschaft oder auch Firmen versuchen, die Identität eines Nutzers herauszubekommen, ist dabei gar nicht so selten, wie Fachjournalist Bleich erklärt: "Schon bei einem relativ harmlosen Vergehen wie der Nutzung einer Tauschbörse können etwa die Rechteinhaber von Musikstücken über die Staatsanwaltschaft oder über ihren seit 2008 festgeschriebenen Anspruch auf zivilrechtliche Auskunft des Providers den Nutzer hinter einer bestimmten IP-Adresse herausfinden."

Das Bundesverfassungsgericht kippte zwar Anfang des Jahres das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. "Die meisten Provider speichern die Daten aber zumindest ein paar Tage", sagte Datenschützerin Mamitzsch.

Zerhackte Anfragen

Somit bestehe auch die Möglichkeit, die Daten innerhalb dieser Frist beim Provider abzufragen. Wer sichergehen möchte, dass die Daten über besuchte Websites tatsächlich nicht zurückverfolgt werden können, muss schweres Geschütz auffahren.

"Die sicherste Möglichkeit zur Verschleierung der eigenen Identität beim Surfen im Web sind die Anonymisierungsdienste TOR und JAP. Dabei wird die Anfrage so weit zerhackt und über mehrere Server geleitet, dass hinterher nicht mehr ersichtlich ist, wo sie ursprünglich herkommt", sagt Bleich.

Diese echte Anonymisierung hat aber einen gravierenden Nachteil. Die Übertragungsgeschwindigkeit wird durch die vielen Umleitungen deutlich verlangsamt. "Das Herunterladen großer Daten kann damit zum unerträglichen Geduldsspiel werden", erklärt Bleich.

Und auch Experte Pietsch räumt ein, dass der Komfort durch die Anonymisierung deutlich eingeschränkt wird: "Wer alle Tipps zum anonymen Surfen beherzigt, wird sich in der Internet-Steinzeit wiederfinden."

© sueddeutsche.de/Sebastian Knoppik, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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