Am Anfang war die Katze. Dem Jack-Russell-Terrier der Familie war das ewige Miauen zu viel geworden und er hatte dem Spielzeugtier kurzerhand einige Verbindungen zum Kopf durchtrennt. Weshalb die Kinder nun sehr traurig waren. Eines Nachts setzte sich Thomas Lührsen, Elektriker von Beruf, also hin mit der ramponierten motorisierten Katze. Machte sie "dann mal so von hinten-unten auf", um die Kabel wieder mit den Sensoren am Kopf zu verbinden.
Seitdem ist Lührsen der Elektro-Spielzeugdoktor. So nennt er sich im Internet, der Notarzt für alle, die ein ähnliches Schicksal erleiden und sich eine Reparatur in einer Werkstatt nicht leisten können. Sie sollen das Spielzeug einfach zu ihm nach Niedersachsen schicken in seine kleine Hobbywerkstatt. Er bringt es wieder in Ordnung - kostenlos.
Die Ersten, die holpernde Carrera-Bahnen, klatschfaule Klatschaffen und flugunfähige Mini-Helikopter einschickten, waren Apotheker, Anwälte, Ärzte. Sicher nicht, weil sie die Dinge nicht hätten neu kaufen können oder weil sie tatsächlich wertvoll gewesen wären. Sondern weil sie es durch die Augen ihrer Kinder betrachtet wert waren, gerettet zu werden. Was weiß ein Kind da, was wir nicht wissen?
Um das vielleicht ansatzweise begreifen zu können, muss man sich ansehen, in welchem Verhältnis der Mensch eigentlich zu seinen Geräten steht.
Die Renaissance des Reparierens, sie wurde schon oft ausgerufen. Genau wie die aufziehende Sorglosigkeits-Apokalypse im Umgang mit materiellen Gütern. Der Trend zum Wegwerfen statt Reparieren geht zum Reparieren statt Wegwerfen - und wieder zurück. Die Sehnsucht nach der Nachhaltigkeit ist in den vergangenen Jahren spürbar größer geworden, oder zumindest die nach dem Gefühl von Nachhaltigkeit. Gleichzeitig wird es einem aber auch oft schwergemacht, das Prinzip ohne größere Anstrengungen zu leben.
Durchschnittlich 1,7 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte sind in den vergangenen Jahren in Deutschland jährlich neu in Umlauf gekommen, hat das Bundesministerium für Umwelt ermittelt. Nach EU-Normen verwertet, behandelt, wiederverwendet werden jährlich etwa 700 000 Tonnen Altgeräte. Das sind unter anderem Haushaltsgeräte, strombetriebene Werkzeuge, Spielzeug, sowie Unterhaltungselektronik, IT- und Kommunikationsgeräte - also Fernseher, Handys, Computer. Letztere machen in der Masse der Neuanschaffungen fast ein Drittel aus. In den Neunzigern war die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Computers noch etwa dreimal so lange wie heute, bei Fernsehern ist es ähnlich.
Alt oder neu, wegwerfen oder reparieren - die Rechnung ist eigentlich ganz einfach. Wenn beispielsweise ein Fernseher nicht mehr brillante Farben zeigt, sondern nur noch LCD-Düsternis: Was hat er gekostet? Wie viel ist er noch wert, wenn der allgemeine Wertverlust von Elektrogeräten etwa zehn bis fünfzehn Prozent pro Jahr der Nutzung beträgt? Was kostet die Reparatur? Was kostet ein neuer Fernseher? Ein paar Bleistiftkritzeleien später steht die Entscheidung fest - und sie tendiert eben immer häufiger zum Neukauf.