PC vs. Tablet:Qual der Wahl

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Sportlich: Lenovos "Yoga" getaufter Laptop lässt sich dank 360-Grad-Scharnier in ein Tablet verwandeln. (Foto: PR)

Der PC ist tot, es lebe das Tablet! Wirklich? Der Personal Computer erlebt ein Comeback, die Verkäufe fürs Tablet stagnieren. Nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten, den passenden Computer zu finden.

Von Helmut Martin-Jung, München

Das Urteil war schnell gesprochen. Der PC ist tot, es lebe das Tablet. Doch jetzt das: Der Boom bei den Streichelcomputern ebbt ab. Statt 13 Prozent, wie Marktforscher erwartet hatten, wird die Anzahl der weltweit verkauften Geräte nur noch um 6,5 Prozent steigen; in den Industrieländern stagniert der Bedarf sogar. Gleichzeitig aber wächst - der PC-Markt. Was ist da bloß los?

"Wir sehen derzeit eine Marktsättigung bei Tablets", sagt Wilfried Thom, der beim taiwanesischen Elektronikhersteller Acer für das Geschäft in Zentraleuropa zuständig ist. Bei PCs und Laptops dagegen wachse der Markt um 44 Prozent. Viele Kunden hätten mit der Wiederbeschaffung von Computern gewartet, "es gab einen Investitionsstau", sagt Thom. Es stellte sich heraus: Ohne vollwertigen Computer kommen die meisten eben doch nicht aus. "Markstudien haben gezeigt, dass Tablets eher additiv gesehen werden, 90 Prozent der Kunden wollen doch noch einen Laptop zusätzlich."

Das sieht auch Peter Hortensius so, der beim chinesischen Hersteller Lenovo weltweit für die Entwicklung des PC-Programms zuständig ist. "Wir können es uns heute leisten, zwei, drei, vier Geräte zu besitzen - jedes für den Zweck, für den es am besten geeignet ist. Das Smartphone habe ich in der Tasche, das Tablet nehme ich, wenn ich mich auf der Couch zurücklehnen will, den PC, wenn ich konzentriert was arbeiten will." Die Nutzer hätten mittlerweile kein Problem mehr damit, zwischen den verschiedenen Geräten hin und her zu wechseln, die am besten dafür geeignet sind, was sie tun wollen.

Es gibt jedoch nicht nur unterschiedliche Gerätekategorien wie Tablets und PCs, auch innerhalb der Kategorien sind neue Zwischenformen entstanden - die Qual der Wahl, noch nie war sie groß wie heute. Notebooks sind schlank geworden, leisten trotzdem viel und haben dazu noch eine längere Akkulaufzeit als früher. Es gibt aber auch welche, bei denen man den Bildschirm abnehmen kann, um ihn als Tablet zu nutzen. Wieder andere, darunter Lenovo, haben dem Bildschirm ein 360-Grad-Scharnier verpasst. Bei Bedarf wird aus dem Laptop so ein Tablet - wenn auch ein ziemlich dickes. Und dann gibt es noch Tablets wie etwa Microsofts Surface, in dem PC-Technik steckt und das mit einer andockbaren Tastatur zu einem fast vollwertigen PC wird.

PC, Tablet oder beides in einem - ohne Kompromisse geht es nicht

Fast. Das ist auch immer das Problem, denn ganz ohne Kompromisse geht es nicht. Wilfried Thom glaubt denn auch nicht, dass in Zukunft die Convertibles, also die wandelbaren Computer, dominieren werden. Sie würden eher eine Rolle spielen ähnlich der von Cabrios auf dem Automarkt. Nahezu alle Hersteller aber bieten irgendeine Form eines solchen Kompromisses an - es ist eher das Zuviel an Angeboten als ein Mangel, der die Entscheidung schwer macht.

Bei der Frage nach dem Betriebssystem ist die Auswahl nach wie vor eher begrenzt. Windows dominiert den PC-Markt noch immer. Weltweit nutzen nach Zahlen von Netmarketshare aber immerhin bereits fast sieben Prozent der Computerbesitzer Apples System, 91 Prozent allerdings verwenden Windows.

Dabei liegt das veraltete Windows XP noch immer deutlich vor seinem Nachnachfolger Windows 8. Weniger Nutzer haben die Versionen 8 und 8.1 installiert als XP, für das es seit April dieses Jahres Updates nur noch für zahlende Großkunden gibt, nicht mehr aber für die breite Masse.

Auf der IFA kann man sich einen Überblick sowohl über die Trends bei den herkömmlichen Computern, bei Tablets und bei allem dazwischen verschaffen. Wo es enden wird, das wüssten auch die Hersteller gerne, wie Peter Hortensius von Lenovo einräumt. "Niemand weiß, wo die Reise hingeht bei den Tablets. Smartphones werden immer größer, und bei den Tablets mit 25-Zentimeter-Bildschirm macht es Sinn, sie mit einer Tastatur zu kombinieren." Seine Firma werde daher viele unterschiedliche Formfaktoren anbieten und abwarten, was nachgefragt wird.

Eines ist für Hortensius aber sicher: "Die Menschen werden noch mehr verschiedene Geräte nutzen, Wearables (Geräte, die man am Körper trägt, d. Red.) sind ja bereits ein großer Trend, aber wir müssen auch aufpassen, dass die vielen neuen Dinge einfach zu bedienen sind. Wenn nur wenige damit zurechtkommen, wird das nichts werden."

© SZ vom 03.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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