Kritik an Domainvergabe:Saudi-Arabien verärgert über schwule und katholische Domains

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Die Vergabe neuer Domains findet auch neue Kritiker. Saudi-Arabien ist von Domains wie .gay, .catholic und . wine wenig begeistert. Offizielle Beschwerde gegen die Vergabe legt das Land aber nicht ein.

Benjamin Zeeb

Es ist eines der größten virtuellen Projekte der letzten Jahre. Als die kalifornische Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) im Juni 2011 ihr Bewerbungsverfahren für neue generische Top Level Domains (gTLDs) verabschiedete, war das wie der Startschuss zu einem Run auf digitales Neuland. ICANN ist eine Non-Profit-Organisation, die für die Verwaltung der Endungen von Domainnamen zuständig ist, zum Beispiel für ".com", ".net" oder ".de".

Eine Vielzahl von Organisationen, Unternehmen aber auch öffentlich-rechtliche Körperschaften haben seither neue TLDs beantragt. Selbst der Freistaat Bayern mischt mit. Er will das naheliegende Suffix ".bayern" erwerben. Viele Konzerne haben das Limit von 50 möglichen Anträgen ausgeschöpft - obwohl jeder Antrag 185 000 Dollar kostet. Google will sich ".google" und ".youtube" sichern und hat auch auf lukrativ erscheinende Endungen wie ".fly", ".film", ".lol" oder ".wow" geboten.

Ein bisschen geht es wie bei der Vergabe von Baugenehmigungen zu. Ein Antrag läuft durch einen mehr oder minder undurchsichtigen bürokratischen Apparat, und am Ende hat man, wenn es gut läuft, eine neue Adresse. Inzwischen wurden fast 2000 neue TLDs beantragt.

Kurios ist dabei ein Konflikt, den nun Saudi-Arabien führt. Die Monarchie nimmt Anstoß an einer ganzen Reihe geplanter Endungen. Ins Blickfeld der Scheichs sind ".wine", ".bar", ".gay", ".catholic", sogar (warum?) " .baby" geraten. Vorgetragen wird der Protest von der saudischen Communication and Information Technology Commission (CITC). Die CITC argumentiert, ".gay" fördere die Homosexualität und stelle für viele Gesellschaften und Kulturen eine Beleidigung dar. Eine offizielle Beschwerde legte sie allerdings nicht ein. Offizielle Beschwerden kosten 2500 Dollar. Die Haltung Saudi-Arabiens wurde lediglich als offizielle Kommentierung unter die jeweils beanstandete Domain gestellt.

Hohen Beantragungskosten stehen in der Kritik

Internet-Aktivisten kritisierten von Anfang an die hohen Beantragungskosten. Angeblich dienen sie der Abschreckung so genannter Spaß-Anträge und verhindern, dass Domains an Personen oder Organisationen fallen, die einen Domain-Bereich finanziell nicht entwickeln könnten.

Tatsächlich stellt die 185 000-Dollar-Regel eine enorme Innovationshürde dar. Bislang konnte jeder, ohne viel investieren zu müssen, im Internet seine ideellen wie kommerziellen Projekte betreiben. Künftig wird, auf Ebene der neuen Top-Level-Domains, vor allem der industrielle Kapitaleinsatz unterstützt. Die neuen Endungen werden voraussichtlich 2013 online gestellt.

© SZ vom 18.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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