Internetseiten der Nationalspieler:Wenn Kießling auf der Orgel spielt

Neuers erster Kuss, Wieses Traum vom Pferd, Boatengs Parkgewohnheiten: Die Homepages der deutschen Nationalspieler erlauben gelegentlich Einblicke jenseits der Sportschau. Eine kleine Sitekritik

Johannes Kuhn

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(Foto: ag.ddp)

Die Internetseiten von Fußballern sehen alle ähnlich aus: Bilder junger Männer, wie sie auf im Stadion extrem dynamisch Bälle oder Gegner treten; Bilder junger Männer, wie sie in ihrer Freizeit extrem gutgekleidet in die Kamera lächeln. Dazu ein paar Statistiken, ein Appell an den Geist des Sports und ein Gästebuch, in dem die Fans je nach Form des Spielers Lob oder Spott über ihren Star ausgießen können. Auch bei den deutschen Nationalspielern ist dies ähnlich - und doch gibt es Seiten der Kicker zu entdecken, die wir aus der Sportschau nicht kannten.

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Der Ehrliche: Manuel Neuer

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(Foto: Screenshot: manuel-neuer.de)

Manuel Neuer ist mutig: Auf seiner Homepage prangt das Logo von Nutella, ebenjener Schokoaufstrich-Marke, die bereits so manchem Nationalspieler den Karriereknick beschert hat. Die Namen Lauth, Kuranyi oder Jones lassen bei Verfechtern der Theorie des Nutella-Fluchs die Alarmglocken schrillen: Wie Neuer spielten sie im Aufstrich-Werbespot der Nationalmannschaft mit, kurz darauf wurden sie nicht mehr eingeladen. Beim Nationaltorwart dürfte es besser laufen, zumal sich der Gelsenkirchner einen Preis für seine Ehrlichkeit verdient. So schreibt er zu seinem ersten Kuss: "Ich war 12 Jahre und auf Ferienfreizeit der Kirchengemeinde St. Urbanus auf Ameland. Es passierte auf einem Anhänger, der auf einer Wiese stand." Bei solchen Geständnissen, die sich auch noch reimen, verzeihen wir sogar, dass die Seite auf einem alten Stand ist und sich der 24-Jährige dort immer noch auf die U-21-EM 2009 freut.

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Der Falsche: Stefan Kießling

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(Foto: dpa)

Der Eintrag im Gästebuch von Stefan Kießling macht dem Nationalstürmer Mut: "Glückwunsch, dass Sie im endgültigen WM-Aufgebot sind", schreibt ein gewisser Udo, "Hätte es nicht für richtig empfunden, wenn ein Spieler, der die gesamte Runde gespielt hat daheim geblieben wäre." Nun dürfte sich Stefan Kießling über solch aufmunternde Worte freuen, wäre er der Nationalstürmer und nicht ein Organist aus Leipzig, dem die Domain www.stefan-kießling.de gehört. Der Fußballer Kießling hat keine eigene Homepage und mit dem Organisten Kießling keinerlei Ähnlichkeit. Vielleicht sollte jemand Udo warnen - nicht, dass er zum nächsten Orgelkonzert am 9. Juli in Bad Harzburg in Trikot und Fanschal anreist.

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Der Profiblogger: Mario Gomez

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(Foto: Screenshot: mario-gomez.de)

Ein Lob hat sich Mario Gomez verdient: Neben Marko Marin ist er der einzige Nationalspieler, der auf seiner Seite bloggt. Pure Fußballpoesie in der Tradition eines Andy Brehme ergießt sich über den Besucher des Gomez-Blogs: "Mit gutem Gefühl nach Südafrika", "Wir wollen weit kommen" oder "Wir wollen Geschichte schreiben" lauten die Überschriften seiner Beiträge, und ähnlich wortgewandt geht es weiter; wer da vom Feeling her kein gutes Gefühl kriegt, dem ist nur mit dem Original Gomez-Wallpaper zu helfen. Über das Motiv möchten wir nicht zu viel verraten, sondern lieber den Nationalmannschaftsblogger zitieren: "Ort der Entspannung ist für mich meine Couch."

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Die Bodenständigen: Holger Badstuber, Jörg Butt

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(Foto: rtr)

Müssen Nationalspieler Nebenbeschäftigungen beim DFB angeben? Wer die Nachnamen der Bayern-Spieler Badstuber und Butt in seinen Browser eingibt, wundert sich: Der Verteidiger besitzt offenbar eine KFZ-Werkstatt im Allgäu, der Torwart stellt im beschaulichen Großkneten bei Bremen Verladerampen und Industrietore her. Diese Bodenständigkeit muss gewürdigt werden - und jetzt behaupten Sie nicht, es würde sich dabei um eine Verwechslung handeln!

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Der Kinostar: Jerome Boateng

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(Foto: online.sdedigital)

Um die Boateng-Brüder auseinander zu halten, hilft künftig eine Faustregel: Kevin ist ein Mann der großen Tritte, HSV-Star Jerome der für große Auftritte. Oder das will uns zumindest seine PR-Agentur Glauben machen, die den Nationalspieler auf seiner Seite charmant wie größenwahnsinnig als Star imaginärer Hollywoodfilme präsentiert. "Treueschwur", "Elf gegen Elf" oder "Dangerzone" heißen die Streifen, für die der Defensivmann auf einigen Filmpostern posiert. Er liebt schnelle Autos, heißt es dort, würde aber nie "auffällig in erster Reihe parken". Sondern in zweiter Reihe? Wie auch immer, als Mischung aus Schwiegersohn und Superheld nennen wir den 21-Jährigen ab der Einfachheit halber "Jerome Bond".

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Der Wortspieler: Per Mertesacker

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(Foto: online.sdedigital)

Per Mertesacker ist ein bodenständiger Mann, stammt aus dem drögen Hannover und spielt auf der wenig glamourösen Position des Innenverteidigers. Doch immerhin der Texter seiner Homepage scheint ein Filigrantechniker zu sein, schmiedet er aus dem Vornamen Per doch allerhand Wortspiele: Die Rubriken auf der Homepage lauten beispielsweise NewspapPER (Nachrichten), PERsönlich (Steckbrief) , PERformance (Statistiken) oder PER Du (Gästebuch). Auch die Kontrolle der Facebook-Seite des Nationalspielers scheint der anonyme Dichter übernommen zu haben, kommt dort doch sogar als Geheimwaffe der Motto-Reim "Per spielt fair" zum Einsatz.

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Der Unnahbare: Mesut Özil

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(Foto: dpa)

Was ist nur mit Mesut Özil los? Da schreiben seine weiblichen Fans reihenweise Liebesbekenntnisse in sein Gästebuch, doch der Jungnationalspieler zeigt ihnen die kalte Schulter. "Hat Mesut eigentlich je jemandem geantwortet?!?!? Ich habe ihn so richtig lieb und ich würde ihn mal gerne in den Arm nehmen!!!" Anderswo heißt es: "mesut ich bins wieder mal (...), ich schreib dir schon sehr oft aber auch nur weil ich dich so richtig mag ich warte immer noch das du zurück schreibst ich bin ein wahrer fan von dir net so wie die anderen." Und Özil? Der treibt sich lieber auf Facebook herum, wo er Bilder aus seinem letzten Strandurlaub veröffentlicht. Dieses Jahr geht es aber erst nach dem 11. Juli in die Ferien, ja?

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Der Pferdeflüsterer: Tim Wiese

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(Foto: online.sdedigital)

"Tim Wiese ist bekannt für seine sympathische Direktheit" steht auf der Homepage des Nationaltorwarts Nr. 2. Die "authentische, unverfälschte Art" des Bremer Torhüters ist bei gegnerischen Fans nicht immer gut gelitten, was aber daran liegen könnte, dass die meisten noch nie seine Homepage besucht haben: Dort zeigt Wiese seine sensible Seite und erzählt, dass er im Alter einmal Pferde züchten möchte und jetzt wahrscheinlich als Dachdecker schwitzen würde, wäre er kein Fußballtorwart geworden. In die Haut von Barack Obama würde er auch schlüpfen, wenn er könnte. Ob er sich dann auch wie jüngst in einem Interview zur Torwartentscheidung beschweren würde, keine Lobby zu besitzen?

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