Kontrolle sozialer Netzwerke:"Facebook will reguliert werden"

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Der Kommunikationschef von Facebook, Nick Clegg, bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. (Foto: AFP)

Das sagt Cheflobbyist Nick Clegg bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Wie das konkret aussehen soll und wer Teil des Gremiums sein wird, sagt er nicht.

Von Julian Erbersdobler, Berlin

Wie kann es sein, dass Hass und Hetze in sozialen Medien derart sichtbar sind? Und wer kümmert sich darum, bestimmte Posts zu löschen? Zwei Fragen, auf die auch Facebook Antworten finden muss. "Facebook will reguliert werden", sagte Cheflobbyist Nick Clegg bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Deshalb werde gerade ein unabhängiges Aufsichtsgremium entwickelt. Wie das konkret aussehen soll und wer Teil des Gremiums sein wird, hat Clegg nicht weiter ausgeführt. Aber er sprach davon, dass es "transparente und bindende" Entscheidungen treffen soll.

Nach Informationen des ZDF könnten in diesem Gremium in Zukunft 40 Mitglieder aus der ganzen Welt sitzen, darunter auch Wissenschaftler und Journalisten. Sie sollen strittige Fragen beantworten, die ihnen Facebook-Nutzer stellen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, ob Hasskommentare konsequent gelöscht werden sollen oder ob sie online bleiben, aber mit einem Warnhinweis versehen werden sollen.

Eine andere Möglichkeit wäre, den Kommentaren Reichweite zu entziehen, in dem sie kaum noch Nutzern angezeigt würden.

Um sich über ein mögliches Gremium auszutauschen, gab es laut Clegg Experten-Treffen rund um den Globus, unter anderem in Singapur, Nairobi, Mexiko, New York und Berlin. "Die fundamentale Frage ist: Wie soll das Internet aussehen? Das ist eine der entscheidenden gesellschaftlichen Debatten", sagte Nick Clegg, der von 2010 bis 2015 britischer Vize-Premierminister war. Die Welt habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert. In einer neuen Welt, brauche es auch neue Regeln.

An der Podiumsdiskussion in der "Hertie School of Governance" nahm auch Benoit Loutrel teil. Er ist der Kopf eines Expertenteams, das sich in Frankreich mit dem Thema Hate-Speech und Social Media auseinandersetzt. Er kritisierte, dass niemand genau versteht, welche Inhalte bei Facebook jeweils ausgespielt werden. "Facebook ist kein transparentes Medium", sagte er. Im Fernsehen oder in Zeitungen würden alle Menschen die gleichen Inhalte sehen. Facebook sei dagegen so individualisiert, dass jeder Nutzer etwas anderes serviert bekomme. "Wir müssen erfahren, wie sich der Feed zusammensetzt." Als positives Beispiel nennt er die Funktion, dass man sich bei Facebook anzeigen lassen kann, warum bestimmte Inhalte im Feed zu sehen sind. Das sei jedoch nur ein Anfang.

Wie extrem sich Hass und Hetze auf Facebook verbreiten können, zeigte sich auch nach dem Tod des Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anfang Juni erschossen worden war. Hat das Unternehmen zu spät reagiert? Der Cheflobbyist Nick Clegg wies diese Vorwürfe gegenüber dem ZDF zurück. "Nach den furchtbaren Umständen, unter denen Herr Lübcke getötet wurde, haben wir auf Facebook jede Verherrlichung des mutmaßlichen Mörders oder Tat gelöscht", sagte er. Clegg wies aber auch darauf hin, dass die Plattform nicht jede Hass-Äußerung unterbinden könne.

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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